Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 75

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

und Österreicher gegen das tschechische AKW Temelín unterschrieben haben, befassen wir uns heute mit diesem Thema. Neugierig bin ich aber darauf, wie die Regierung mit dieser knapp 1 Million an Unterschriften umgeht.

Ich gebe zu, dass sowohl das Ergebnis als auch die Sorgen der Bevölkerung sehr ernst genommen werden müssen. Ich möchte aber davor warnen, dass diese Unterschriften als Propaganda gegen die EU-Osterweiterung missbraucht werden.

Unser Ziel muss es in Zukunft sein, europaweit den gänzlichen Ausstieg aus der Atomenergie zu forcieren. Andererseits wissen wir jedoch auch, dass das Zeitalter der fossilen Brennstoffe langsam, aber sicher zu Ende geht. Alternativen Energieträgern wie der Windenergie, dem Sonnenlicht und der Biomasse gehört die Zukunft. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

In der EU soll der Anteil der erneuerbaren Energie im Gesamtverbrauch bis 2010 von 6 Prozent auf 12 Prozent erhöht werden. Vor allem der Kraft des Windes wird besonderes Augenmerk zugewandt. Diesbezüglich hat das Burgenland bereits eine Vorreiterrolle inne: Windparks wie Zurndorf und seit kurzem auch Mönchhof tragen dazu bei, dass Energie aus Wind gewonnen wird.

Auch europaweit tut sich einiges: Die sturmgepeitschten Nordküsten werden für große Windkraftwerke ausgenützt. Norddeutschland, Island, Dänemark und Großbritannien versorgen bereits viele Millionen Haushalte mit Strom aus Windrädern und Wasserkraft. Daher muss die Zielvorgabe sein, natürliche Ressourcen mehr auszubauen und zu nützen, den gänzlichen Ausstieg aus der Atomenergie zu forcieren, nicht auszugrenzen, sondern gemeinsame Lösungen zu finden in unser aller Interesse und im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder.

Auch in deren Interesse darf ich von dieser Stelle aus die Bevölkerung aufrufen, das Sozialstaat-Volksbegehren vom 3. bis zum 10. April zu unterstützen, um zu gewährleisten, dass das soziale Netz nicht aus den Fugen gerät. (Beifall bei der SPÖ.)

13.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

13.03

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die internationale Vereinigung von Ärzten gegen Atomenergie erklärt, Atomkraftwerke setzen bereits im Normalbetrieb radioaktive Materialien frei, und das heißt, durch dieses Freisetzen stellen sie eine erhebliche Gesundheitsgefährdung dar.

Es gibt weltweit kein Konzept, Atommüll sicher zu entsorgen. Das radioaktive Erbe der Atomenergie wird die Gesundheit der Menschen für Millionen von Jahren bedrohen, und ein schwerer Atomunfall lässt eine angemessene medizinische Versorgung nicht zu. Das heißt, vielen Menschen würde ganz einfach bei einem Atomunfall nicht geholfen werden können.

Vor rund einem Monat gab es den letzten schweren Defekt in Temelín. Zum 30. Mal wurde das Kernkraftwerk stillgelegt, und tags darauf hat man den Reaktor 2 mit Uranbrennstäben ausgestattet, obwohl internationale Experten dagegen protestiert haben. Wahrlich ein Akt von "Gottvertrauen"!

Risikostudien stellen immer wieder fest, dass ein Temelín-Unfall die Größenordnung von Tschernobyl erreichen kann. Das heißt, im Falle eines Unfalles müssten unvorstellbar viel mehr Menschen evakuiert werden als bisher vorgesehen, und diese Evakuierung müsste nicht nur in einem Umkreis von 50 Kilometern, sondern bei negativer Windrichtung in einem Umkreis bis zu 200 Kilometern erfolgen und in drei bis fünf Stunden vorgenommen werden. Linz ist 97,2 Kilometer von Temelín entfernt, Wien 187 Kilometer. Es ist also praktisch unmöglich, die Evakuierung in diesem Zeitraum durchzuführen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite