Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 134

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Zweig der Landwirtschaft, der bäuerliche Produkte möglichst nahe direkt zum Konsumenten bringen möchte. Es sind also jene Bäuerinnen und Bauern davon betroffen, die auf Bauernmärkten vermarkten, die in eigenen kleinen Bauernläden und Hofläden ihre Produkte anbieten, und auch jene Bäuerinnen und Bauern, die in den letzten zehn Jahren innovativ tätig waren und verstärkt innovative Projekte wie Kompostierung oder Biogasanlagen betreiben. Es handelt sich also genau um jenen Sektor, von dem in der agrarpolitischen Debatte so oft gesprochen wird und der als Herzeigeprojekt für zukunftsfähige Landwirtschaft bezeichnet wird. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Die Situation ist doppelt prekär, wenn wir uns daran erinnern, was im Rahmen des EU-Beitrittes 1995 der Landwirtschaft immer sozusagen ins Fenster gestellt wurde, nämlich die Zukunftsvision vom Feinkostladen Österreich. Erinnern wir uns kurz: Damals war es eine harte Herausforderung für die Landwirtschaft, diese Preisreduktionen, die ja ersichtlich waren, irgendwie zu kompensieren. Ein Teil der Aktivitäten der Bäuerinnen und Bauern war, verstärkt in die bäuerliche Direktvermarktung zu investieren. Das haben auch die Landwirtschaftskammern damals propagiert. Das haben Sie, das haben wir gefordert. Und das haben die Bäuerinnen und Bauern vielfach auch, und zwar sehr erfolgreich, umgesetzt.

Nach dem EU-Beitritt, meine Damen und Herren, wäre es nur logisch und folgerichtig gewesen, diese Zielorientierung des Feinkostladens weiterhin konsequent zu verfolgen und auch durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen abzusichern.

Sie haben das Gegenteil gemacht, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, Sie haben die bäuerlichen Direktvermarkter seit 1995 permanent massiv zur Kasse gebeten, behindert und aus dem Markt gedrängt. Das ist ein Interessenkonflikt, der in der ÖVP zwischen Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer angelegt ist. Es ist kein Geheimnis, dass es hier Interessenkollisionen gibt, aber Sie haben sie aus unserer Sicht nicht folgerichtig, nicht zukunftsorientiert gelöst, Sie haben die bäuerliche Produktion, und zwar gerade die innovative Produktion, verstärkt belastet, statt endlich zu verstehen, dass es ohne diese innovativen bäuerlichen Projekte auch keine Zukunft der Regionalentwicklung geben kann, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte dabei einiges hervorkehren und herausheben, was bei dieser schrittweisen Verschärfung auch passiert ist. Konkret: Gewerbeordnung 1997. Sie haben damals die Mehrwertsteuerregelung für die Direktvermarktung eingeführt. (Abg. Mag. Schweitzer: Sag, warum du eine Fristsetzung willst! Keine inhaltliche Debatte! Das ist Geschäftsordnung! Warum Fristsetzung und ab!) Kollege Schweitzer, damit Sie ein bisschen verstehen, worum es uns geht, wollen wir hier die Debatte führen. Wenn Sie nicht bereit sind, wichtige Fragestellungen zu diskutieren, dann sollten Sie vielleicht den Saal verlassen. Das wäre die einzige vielleicht faire Vorgangsweise, wenn Sie nicht zuhören können, Kollege Schweitzer. (Abg. Mag. Schweitzer: Geschäftsordnung!)

Zur Gewerbeordnung 1997: Damals wurde die Mehrwertsteuerregelung für die bäuerliche Direktvermarktung eingeführt und damit auch eine Zweiteilung der bäuerlichen Produktion. Einerseits gibt es nämlich landwirtschaftliche Urprodukte, zum Beispiel Kartoffel, Getreide, aber auch Spanferkel, diese sind steuerlich und auch sozialversicherungsrechtlich als Urprodukte definiert. Andererseits gibt es Produkte, die in die gewerbliche Ebene fallen, nämlich traditionelle bäuerliche Produkte wie Buttermilch, Joghurt, Säfte, Speck, Vollkornbrot. Das sind alles Produkte, die Bauern traditionellerweise schon bisher produziert haben. Da haben Sie das erste Mal versagt, meine Damen und Herren von der ÖVP, denn Sie hätten ganz klar dafür eintreten müssen, dass festgelegt wird, dass Produkte, die Bauern auf dem eigenen Hof aus eigenen Rohstoffen erzeugen, bäuerliche Produkte sind. Das ist folgerichtig und wäre klar.

Sie haben in diesem Punkt die Zukunftsorientierung für diese Kleinbetriebe ganz klar unmöglich gemacht. Sie haben diese Chance der kleinen Betriebe und der Direktvermarkter mit dieser Regelung das erste Mal behindert. Viele Betriebe haben damals, 1997, 1998 – ich erinnere mich noch sehr gut –, als die Hygieneverordnungen der EU umgesetzt wurden, mit ihrer Produktion aufgehört, weil sie die neuen Auflagen, die gekommen sind, die teilweise berechtigt,


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