“ethnische Säuberung auf Grundlage einer Kollektivschuld” zu bezeichnen. Man kann die Umstände, unter welchen das geschah, nicht außer Acht lassen. Die deutsche Minderheit hat gegen Ende der dreißiger Jahre zur Zerschlagung der ČSR beigetragen, und die
Nazis bereiteten den Bewohnern des damaligen Protektorates Böhmen und Mähren großes Leiden.Den Hass auf die Deutschen und das Streben nach Vergeltung für vorheriges Unrecht kann man psychologisch begreifen. Begreifen, meine Damen und Herren, bedeutet aber nicht rechtfertigen. Ich glaube, das sollten wir ganz deutlich betonen. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Vertreibung von über 3 Millionen Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg ist, auch wenn seither mehr als fünf Jahrzehnte vergangen sind, nicht entschuldbar!
Ich möchte auch hiezu noch einmal ganz deutlich die Position der SPÖ in Erinnerung rufen, weil diesbezüglich immer wieder zum Teil sehr zwiespältige Aussagen getätigt werden: Die SPÖ hat in einem Positionspapier zum Thema "Unsere gemeinsame Zukunft" im März vergangenen Jahres sehr deutlich zu diesen Fragen Stellung genommen. Darin heißt es unter anderem:
"Die SPÖ weiß aus der Entwicklung in der Republik Österreich, dass Geschichte nur bewältigt werden kann, wenn man sich mit ihr offen, vorurteilsfrei und selbstkritisch auseinandersetzt." (Beifall bei der SPÖ.)
Und weiters: "Diese Auseinandersetzung ist in der Tschechischen Republik, in der Slowakei und in Slowenien in gleichem Umfang noch zu leisten wie in den Reihen der vertriebenen deutschsprachigen Volksgruppen. Die SPÖ wird ihr Möglichstes tun, um einen solchen Prozess in Gang zu bringen ..." – So das Positionspapier.
Ich möchte noch einmal klar zum Ausdruck bringen, dass die im Zuge der Vertreibung der deutschsprachigen Minderheiten aus Österreichs Nachbarstaaten begangenen Übergriffe und Verbrechen in diesem Positionspapier eindeutig und klar verurteilt werden. Wörtlich heißt es:
"Vertreibung und ,ethnische Säuberung‘ konnte und kann von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht als Mittel der Politik hingenommen werden." "Die Vertreibung deutschsprachiger Volksgruppen aus Gebieten, die ihnen Jahrhunderte lang Heimat waren, war ein schweres Unrecht; ..."
Gleichzeitig wird aber auch betont, dass diese Entwicklung nicht losgelöst von den vorherigen Verbrechen des Naziregimes in diesen Ländern gesehen werden kann.
Meine Damen und Herren! Der Wiener Weihbischof Schwarz, selbst ein Heimatvertriebener, empfiehlt "um der Wahrheit willen", wie er sagt, "eine klare Distanzierung Tschechiens von den Beneš-Dekreten". Als Christ, meint er, sollte man allerdings stets bereit sein zum Verzeihen und zu einem Neubeginn.
Meine Damen und Herren! Im Sinne eines solchen Neubeginns wurde im November des vorigen Jahres vom Außenministerium ein Versuch gestartet, im Rahmen einer Konferenz auf Schloss Stirin in der Nähe von Prag auf diplomatischen Wege Möglichkeiten zu suchen. Ich war von dieser Konferenz sehr beeindruckt und eigentlich sehr optimistisch.
Aber was ist dann passiert? – Der tschechische Premier Miloš Zeman hat vor kurzem die hoch entwickelte Fähigkeit, sich als Elefant im Porzellanladen zu benehmen, unter Beweis gestellt, als er die Sudetendeutschen als Landesverräter und als "Hitlers fünfte Kolonne" bezeichnete. Im Gegenzug wiesen die Äußerungen des Kärntner Landeshauptmannes auf ein tieferes Problem als die Ungeschicklichkeit zweier Politiker hin. Diese Worte waren nur das Gießen von Öl ins Feuer, das niemals zu glimmen aufgehört hat.
Als Österreich der EU beigetreten ist, sah man in dem neuen Mitgliedsland in der Union einen wesentlichen Mentor und Brückenbauer für die weiteren Beitrittsländer. Die ungeschickte Außenpolitik und die verbalen Ausritte haben diese Erwartung anderer Mitgliedsländer zunichte gemacht!