Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 179

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Der Prager Politologe Bohumil Dolezal ist überzeugt davon, dass sich Tschechien mit seinen Schattenseiten auseinander setzen muss. Kürzlich sagte er in einem "profil"-Interview:

"Besser wäre es aber, wenn dies nicht unter Druck geschieht, sonst entsteht ein Gefühl der Vergewaltigung."

Ich möchte abschließend Vaclav Klaus zitieren. Der tschechische Oppositionspolitiker hat nach einem Österreich-Urlaub gemeint, sein Land unterschätze das Thema Beneš-Dekrete. So schreiben die "Oberösterreichischen Nachrichten" am 25. Februar:

"Bei seinem Ski-Urlaub in Österreich habe er gesehen, dass in den österreichischen Zeitungen die Benes-Dekrete stark präsent seien. ,Ein von uns unterschätztes Thema, womit wir einen großen Fehler begehen‘, ..."

Ja, meine Damen und Herren: Fehler einzugestehen ist ehrenhaft. Fehler bewusst zu begehen, endet meist in einer Katastrophe. Tragen wir gemeinsam dazu bei, dies zu verhindern! (Beifall bei der SPÖ.)

20.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

20.15

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass wir im Hohen Haus eine so große Übereinstimmung in Menschenrechtsfragen erreichen können. Das ist nicht überall in Europa so. Ich erinnere daran, dass wir erst unlängst sehr merkwürdige Aussagen gehört haben, und ich erinnere auch daran, dass der tschechische Premier Zeman neulich der israelischen Regierung geraten hat, die Palästinenser ähnlich zu behandeln wie die Tschechen das 1945 und 1946 mit den Sudetendeutschen taten. Gemeint war damit die blutige Vertreibung und auch die Ausrottung dieser sudetendeutschen Minderheit auf Grund der berüchtigten Beneš-Dekrete.

Es war meiner Ansicht nach ein sehr unverhohlener Aufruf Zemans zum Völkermord, der in vielen europäischen Staaten mit einer erstaunlichen, um nicht zu sagen, entlarvenden Gelassenheit zur Kenntnis genommen worden ist. Und ein Politiker der tschechischen Bürgerpartei, nämlich Jan Zahradil, der in Prag schon als künftiger Außenminister gehandelt wird, hat sogar allen Ernstes vorgeschlagen, dem Erfinder der Vertreibung und der Ermordung, nämlich Beneš, posthum den Masaryk-Orden – das ist der höchste tschechische Orden – zu verleihen.

Es ist, so meine ich, unglaublich, dass ein europäischer Staat, ein Nachbarstaat mit solchen Politikern und solchen rassistischen Gesetzen in die Europäische Union eintreten will und auch noch glaubt oder zu glauben scheint, das ungehindert tun zu können.

Meine Damen und Herren! Ich meine, der österreichische Nationalrat sollte Tschechien ganz deutlich sagen: Die Europäische Union versteht sich als Wertegemeinschaft. Wer sich dazu nicht bekennt, wer die Kopenhagener Kriterien in Menschenrechtsfragen nicht beachtet, der hat in dieser europäischen Staatengemeinschaft wohl nichts verloren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ebenso deutlich müssen wir diese Botschaft an die Slowakei und an Slowenien, wo die AVNOJ-Gesetze noch immer nachwirken, richten.

Es ist das große Verdienst der "Kronen Zeitung", in einer sehr umfassenden Serie auf diesen tabuisierten Bereich unserer Geschichte hingewiesen zu haben. Sie hat dadurch auch viele Versäumnisse des derzeitigen Geschichtsunterrichtes etwas ausgeglichen.

Es ist auch dem ORF zu danken, dass er über die Flucht und Vertreibung der so genannten Volksdeutschen berichtet hat und ganz eindrucksvolle Bilddokumente, aber auch Filmdokumente ausgestrahlt hat. Dadurch wurde einer breiten Öffentlichkeit, vor allem den Jüngeren in


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