Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 54

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um die Welt geht, wonach einige hundert Neonazis skandierend vom Heldenplatz über die Kärntner Straße zum Stephansplatz marschieren dürfen.

Es ist in Wirklichkeit ein Skandal und ein Ablenkungsmanöver – Herr Bundesminister, auch ein Ablenkungsmanöver von Ihnen, von Ihren Fehlern –, wenn Sie eine solche Symmetrie herstellen, nämlich einerseits die Demo von Rechts und andererseits die Pflastersteine von Links.

Sie unternehmen dabei den Versuch, die SPÖ und all jene, die nicht dem Gedankengut der Regierung verhaftet sind, sozusagen als Vertreter der Gewaltbereiten zu denunzieren, und dagegen verwahren wir uns aufs Schärfste, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das ist eine bodenlose Frechheit und eine Denunziation all jener, die nicht freiheitlichem Gedankengut oder der Ideologie der ÖVP anhängen.

Sie als Innenminister sind oberste Sicherheitsbehörde und sind nach § 6 des Versammlungsgesetzes verpflichtet, eine Versammlung zu untersagen, wenn die Abhaltung derselben die öffentliche Sicherheit gefährdet.

Meine Damen und Herren! Diese Neonazi-Demonstration war bekannt, war angemeldet. Es ist Ihnen sicher auch das Flugblatt, das mir vorliegt, bekannt gewesen, weil es im Internet ist. Da wurde unter dem Motto "Gemeinsam gegen die Schändung des Andenkens Verstorbener" zur Demonstration in Wien am 13. April aufgerufen, und dann heißt es in der Anreiseempfehlung: Lasst euch vom Veranstalter eine Mobilfunknummer nennen, über die der Veranstalter am Demo-Tag durchgehend erreichbar ist. Besorgt euch einen Stadtplan von Wien, benützt einen Leihwagen für die Einreise, verzichtet auf die typischen Szene-Klamotten, damit ihr euch auch in Wien notfalls in Ruhe umsehen könnt, und so weiter und so fort.

Also: Es muss Ihnen bekannt gewesen sein, dass da etwas Größeres passiert, weil ja etwa deutsche Neonazis aufgefordert wurden, nach Österreich zu dieser Demonstration zu kommen. Und da hat der Innenminister zu handeln! Herr Bundesminister, dann haben Sie zu handeln, dann haben Sie Verantwortung zu übernehmen und müssen sicherstellen, dass so etwas nicht passiert. Sie haben wissen müssen, dass es hier zu Auseinandersetzungen kommen kann, und daher hätten Sie das nach dem Versammlungsgesetz woandershin verlegen oder untersagen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das NS-Verbotsgesetz zieht ganz klare verfassungsrechtliche Grenzen, und die Szenen der Wiederbetätigungsakte haben wir ja im Fernsehen ganz genau miterlebt: "Deutschland den Deutschen!", "Ausländer raus!", "Sieg Heil!"-Rufe und so weiter und so fort. (Abg. Dr. Bösch: "Sieg Heil" haben wir heute auch gehört! – Abg. Jung: Die haben auch eine rot-grüne Koalition!)

Meine Damen und Herren! Das Sicherheitspolizeigesetz verpflichtet die Polizei auch, zu verhindern, dass es zur Wiederbetätigung kommt, und dies auch präventiv. Daher bestand für Sie von Anfang an Handlungsbedarf, und da haben Sie versagt. Sie haben durch Ihr Nichthandeln auch das Ansehen Österreichs massiv geschädigt, denn die Bilder dieser skandierenden Neonazis sind natürlich um die Welt gegangen, und das ist bedauerlich.

Herr Bundesminister! Ich frage mich: Haben Sie sich mit Ihren Experten beraten? Haben Sie sich von Ihren Experten im Innenministerium Empfehlungen geholt? (Abg. Miedl: Vom Schnabl, oder was?) Was haben die Ihnen eigentlich empfohlen? Haben die gesagt, Sie sollen nichts tun? – Das würde mich wirklich sehr interessieren.

Hohes Haus! Es ist für mich ganz klar: Es waren 850 Frauen und Männer mit einer schwierigen Aufgabe betraut, und diese 850 Frauen und Männer der Sicherheitsexekutive haben entsprechend ihrem Auftrag diesen auch gut erfüllt; der Menschenrechtsbeirat hat das auch bestätigt. Es ist bedauerlich, dass 33 von ihnen verletzt worden sind. Wenn jetzt Kritik an der Polizei geübt wird, dass der eine oder andere vielleicht seine Kompetenzen überschritten hat, dann muss ich sagen, dass da offenbar der Auftrag an die Truppe nicht klar war. Sie tragen daher die volle politische Verantwortung, weil Sie diese Provokation zugelassen haben.


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