Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 75

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Darf ich Ihnen jetzt etwas sagen, Sie wissen es vielleicht nicht: Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem sehr interessanten Erkenntnis, das Mitte der achtziger Jahre ergangen ist, mit dem NS-Verbotsgesetz in Österreich beschäftigt und hat dazu festgelegt, dass auch dann, wenn im Versammlungsgesetz oder in anderen Gesetzen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung nicht unmittelbar angeführt ist, die rechtsunmittelbare Wirkung des NS-Verbotsgesetzes selbstverständlich auf die einzelnen Gesetzesmaterien durchschlägt. Das heißt, die Behörde muss von sich aus prüfen, ob es sich um Wiederbetätigung oder um eine Demonstration von Leuten, die mit der Wehrmachtsausstellung nicht einverstanden sind, handelt. Im Falle der "Kameradschaft Germania" konnte nur ein Schluss gezogen werden: Diese Veranstaltung ist, weil es sich um eine Veranstaltung von Neonazis handelt, von vornherein zu verbieten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Da haben wir die Differenz.

Es wundert mich, dass der Herr Innenminister das nicht kennt. (Bundesminister Dr. Strasser: Da hätten Sie die Demonstration verbieten müssen!) Eine Organisation wie die Kameradschaft kann man nicht verbieten, das wäre nachzulesen in den deutschen Verfassungsschutz-Berichten ... (Rufe bei der ÖVP: Wir sind aber in Österreich – oder nicht?) Ich kann mich leider nur auf den deutschen Verfassungsschutz-Bericht beziehen, weil Kameradschaften in Österreich ein neues Phänomen sind.

Eine Organisation wie die Kameradschaft kann man nicht verbieten, weil sie sich nicht als Verein formiert! – Schlicht und ergreifend. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Herr Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Interessante ist ... (Abg. Dr. Fekter:  ... Sie das auch bei den linken Organisationen?)  – Frau Fekter, lassen Sie mich reden, Sie haben schon geredet. Ich möchte die Chance haben, da Sie mich andauernd beschuldigt haben, dass hier sozusagen ein Verbrecher steht, mein Rederecht zu nutzen. Verstehen Sie das? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist eine klare Sache – für mich, für alle, die sich mit der Materie beschäftigen.

Ich kann Ihnen noch etwas verraten: Ich habe mir am Donnerstagabend die Mühe gemacht und die Website dieser Kameradschaft angesehen. Wohin werde ich verlinkt? – Zur NPD nach Deutschland! Von den NPD-Kreisverbänden im ehemaligen ostdeutschen Gebiet, in Sachsen, in Thüringen, und von den Kameradschaften in der Bundesrepublik wird überall aufgerufen für die Wehrmachtsausstellung in Wien.

Das Interessante an den Kameradschaften ist, dass sie die Nachfolgeorganisationen der verbotenen Parteien in der Bundesrepublik sind, der so genannten Freiheitlichen Arbeiterpartei und einiger anderer Organisationen, und dass der Verfassungsschutz-Bericht sagt, das Problem mit diesen Kameradschaften sei, dass man ihrer als Organisationen nicht habhaft werden könne. Man kann sie als Organisationen nicht verbieten, das ist richtig, weil sie nicht den Fehler machen, sich als Verein oder als politische Partei zu konstituieren, aber in Österreich ist es sogar möglich, als "Kameradschaft Germania" eine Kundgebung, eine neonazistische Kundgebung am Heldenplatz, ausgerechnet am Heldenplatz, 60 Jahre nachdem Hitler dort gesprochen hat, zu veranstalten!

Hier am Heldenplatz kann man sich als Neonazi mit einem Transparent "Deutsches Reich" hinstellen. Dass das möglich ist, ist eine Schande für dieses Land! Deshalb habe ich das Verbot gefordert, meine Damen und Herren – und das nicht erst im Nachhinein, so wie einige andere! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Immerhin ehrt es Sie, dass Sie im Nachhinein feststellen: Das sind ja Neonazis gewesen! (Abg. Jung  – ein Foto in die Höhe haltend –: Jetzt sagen Sie uns, warum der mit der grünen Jacke Sie zurückhalten muss!)

Mir war es wichtig, von vornherein beim Innenminister beziehungsweise der zuständigen Behörde festgehalten zu haben, dass wir ein Verbot wollen. Wenn die Behörde das NS-Verbotsgesetz nicht anwendet, weil sie nicht zu der Erkenntnis kommt, zu der sie dann nach der Kundgebung kommt, nämlich zu der Erkenntnis, dass es sich hier um Nazis handelt, dann


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