Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 74

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Herr Kollege Öllinger! Herr Kollege Jarolim! Das zeugt von einem enormen Mangel an Sensibilität, was Sie beide bezüglich der Demonstrationen hier an den Tag gelegt haben. Ist Ihnen wirklich nicht bewusst, sind Sie so naiv, dass Sie nicht merken, was Sie mit Ihrer Anwesenheit bei Demos im gewaltbereiten Sektor anrichten, was Sie damit anrichten, wenn Sie sich inmitten der Gewalt aufhalten? – Selbstverständlich signalisieren Sie den Tätern oder den Teilnehmern, dass ja ohnehin alles in Butter ist, weil ja auch Abgeordnete daran teilnehmen – als wäre es legal, als würde dieses Hohe Haus das gutheißen. Ich verurteile das! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich verurteile auch diese mangelnde Sensibilität, denn wenn Sie sich als Abgeordnete mitten in die Gewalt hineinbegeben und dort unter Umständen selbst gewalttätig sind, können Sie nicht deeskalieren. Das ist eine Ausrede, die Ihnen im Nachhinein eingefallen ist, zur Deeskalation trägt das nicht bei! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt Gott sei Dank in diesem Haus einen sehr breiten Konsens bei der Verurteilung von Gewalt von rechts, von Verbalentgleisungen, von Straftaten von rechts, einen Konsens in Bezug auf Nazi-Wiederbetätigung – das hat auch die Entgleisung des Kollegen Edlinger gezeigt; es hat sofort einen Aufschrei des gesamten Hauses gegeben. Bedauerlicherweise ist aber gegen Gewalt von links dieser geschlossene Konsens nicht spürbar. Ich würde mir wünschen, dass nicht so viel Blindheit am linken Auge um sich greift. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von der Abgeordneten Fekter eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Kiss, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Öllinger. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 8 Minuten.

12.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine Damen und Herren! Als ich am Donnerstag vorige Woche erfahren habe, dass für Samstag am Heldenplatz in Wien eine Kundgebung für den Heldenplatz genehmigt worden ist, die organisiert wurde von der "Kameradschaft Germania" und von einem Herrn Otten von der Grenzlandsmannschaft Cimbria, habe ich mich über eine Presseaussendung auch an die Adresse des Herrn Innenministers, natürlich an die der Polizeidirektion mit der Forderung gerichtet, diese Kundgebung zu verbieten. Ich möchte hier auch begründen, warum ich von vornherein für ein Verbot war.

Es ist richtig: Das Demonstrationsrecht gilt in Österreich für alle. Auch wer gegen die Wehrmachtsausstellung demonstrieren will, soll demonstrieren können – dazu stehe ich –, aber, und diese Einschränkung ist mir wichtig: Wenn in Österreich eine Organisation als Veranstalter auftritt, die mir als neonazistische bekannt ist – der Staatspolizei offensichtlich nicht; sie ist es aber nach dem deutschen Verfassungsschutz –, die österreichische Staatspolizei aber sagt, das sei irgendjemand, die seien zwar rechts, aber neonazistisch seien sie nicht, dann habe ich ein Problem! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Meiner Ansicht nach hat nicht erst das Faktum, dass die Teilnehmer an der Demonstration nachher "Sieg Heil!" gerufen haben, sondern schon allein der Umstand – der mir bekannt war und jedem bekannt sein konnte, der nur irgendwie Augen und Ohren hat, um zu hören und zu sehen –, dass es sich hier um eine neonazistische Organisation handelt, zum Handeln zu veranlassen. (Abg. Miedl: Herr Kollege! Das ist ein Werturteil!)

Dieses Handlungsgebot, Herr Innenminister – und leider sind jetzt der Polizeidirektor und der Stapochef von Wien nicht mehr da –, gilt unmittelbar für die Verantwortlichen, denn, wie Sie richtig festgestellt haben, Herr Innenminister, das Strafrecht gilt unmittelbar. (Abg. Jung: Da muss ein Delikt vorliegen!)


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