Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 69

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bestätigten das eindrucksvoll – in Selbstzufriedenheit. (Ruf bei der ÖVP: Zuhören!) Wenn man Ihnen zuhört, dann könnte man den Eindruck gewinnen, Sie vergessen, dass es darum geht, Lebenschancen für junge Menschen zu schaffen, wenn wir über Bildungspolitik diskutieren und wenn Sie sagen, Bildungspolitik sei ein Schwerpunkt dieser Bundesregierung. Jeder, der nur einigermaßen hinschaut, sieht, dass das ein Schwachpunkt dieser Bundesregierung ist, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei gäbe es viele brennende Fragen, viele spannende Fragen im Zusammenhang mit dem Bildungssystem, die diskussionswürdig wären. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, wie wir dem Wissensdurst, den die Kinder bereits im Vorschulalter haben, Angebote gegenüberstellen können. Sie vertreten hier die verzopfte Ansicht, dass Bildungsangebote, Bildungschancen im Vorschulalter eine Belästigung darstellen, vor der man die Kinder möglichst lang zu bewahren hat, anstatt dass Sie endlich beginnen, sich die Frage zu stellen, wie in vielen anderen Ländern auch, wie wir es schaffen können, möglichst allen Kindern schon im Vorschulalter die besten Chancen zu bieten. – Das ist für Sie leider kein Thema!

Einmal mehr haben Sie die Chance verpasst, darüber zu diskutieren, wie wir das Schulsystem weiterentwickeln können, nämlich so weiterentwickeln, dass unsere Kinder wirklich davon profitieren, dass das Schulsystem den Anforderungen der Wissensgesellschaft entspricht, dass die Kinder gerne lernen, dass wir ihnen nicht die Neugierde abgewöhnen und dass möglichst viele Kinder auf ihrem Bildungsweg möglichst weit kommen.

Da stellt sich gleich zum Ersten die Frage: Wie können wir das System so weiterentwickeln, dass es den heutigen und auch schon den morgigen Ansprüchen entspricht?

Der "Spiegel" schreibt in dem schon zitierten Artikel einen sehr richtigen Grundsatz, den auch wir diskutieren sollten:

"Dass moderne Pädagogen ihren Schülern eher Coach als ,Be-Lehrer‘ sein sollten; dass der Erwerb von Lösungskompetenz und Lebenstüchtigkeit im Zweifel wichtiger ist als die Anhäufung von Quiz-Wissen; dass Lernen am Laptop und in der Gruppe mehr Spaß und Ansporn bietet als das Büffeln im stillen Kämmerlein".

Diese Fragestellungen sind für Sie alle kein Thema! Sehr schade!

Die nächste Frage, die sich stellt, ist: Wann ringen Sie sich endlich dazu durch, dem Grundsatz zu entsprechen, der in nahezu allen anderen Ländern gilt, dass möglichst viele Schüler möglichst weit mitzunehmen sind, statt möglichst viele Schüler möglichst früh auszusortieren? – Dorthin stellen Sie die Weichen! Ich erinnere an die Diskussion über die Aufnahmsprüfungen, über das Prognoseverfahren. Sie stellen die Weichen in die falsche Richtung, nämlich in die Richtung, möglichst früh Sackgassen für möglichst viele Kinder zu konstruieren!

Die dritte Frage, die sich stellt, ist: Wie bauen wir das Bildungssystem um, um den Kindern entsprechend ihren Begabungen das Fortkommen zu ermöglichen und ihnen nicht auf Grund von Schwächen das Fortkommen zu verbauen und Lebenszeit zu vergeuden? – Sie sind den besorgten Unterzeichnern des Bildungs-Volksbegehrens nicht einmal einen kleinen Schritt entgegengekommen. Sie haben nicht einmal die berechtigte Sorge ernst genommen, dass die Klassen immer größer werden und dass die Lehrer immer weniger Möglichkeiten haben, auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder und Jugendlichen im notwendigen Maße einzugehen. (Abg. Wenitsch: Wer ist schuld daran?)

Eine weitere Frage, die sich stellt, ist: Wie verbessern wir die Chancen der Jugendlichen, den Bildungsweg, die Berufsentscheidung so zu treffen, dass sie wirkliche Zukunftschancen haben? Wie können wir mehr Beratung, bessere Beratung zur Verfügung stellen? Wie können wir Leuten Zukunftschancen geben, die in einer berufsbildenden höheren Schule eine Ausbildung absolvieren wollen? – Das ist für Sie kein Thema! Sie schauen zu, wie immer mehr Jugendliche in den berufsbildenden höheren Schulen abgewiesen werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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