Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 151

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Wenn dieser Grundsatz akzeptiert wird, meine Damen und Herren, dann stellt sich trotzdem noch eine ganz entscheidende Frage. Es stellt sich die Frage, ob Dienstgeberabgaben – das heißt also Lohnnebenkosten – oder auf der anderen Seite Dienstnehmerabgaben – das heißt also Lohnsteuern – gesenkt werden sollen. Spätestens da, meine Damen und Herren, scheiden sich anscheinend die Geister – anscheinend auch die roten und die grünen. Das Einzige, worauf sich die Regierung bisher eindeutig festlegen konnte, ist nämlich eine Senkung der Lohnnebenkosten, und auch die Grünen gehen in erster Linie offenbar von einer Senkung der Lohnnebenkosten aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sind nicht die Lohnnebenkosten relevant, sondern die Lohnkosten insgesamt – das heißt, genau genommen sind es die Lohnstückkosten in Relation zu den Handelspartnern, die die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft definieren. In den letzten fünf Jahren hat sich genau diese Kostenposition zu Gunsten Österreichs entwickelt, und zwar um fast 10 Prozentpunkte. Ich sehe also keinen Grund dafür, dass man bei einer Senkung der lohnabhängigen Abgaben ausgerechnet bei den Dienstgeberanteilen beginnen muss – vor allem dann nicht, wenn die Lohnsteuer wesentlich höher gestiegen ist als diese Dienstgeberanteile.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lohnnebenkostensenkung heißt, dass der Anteil, den die Unternehmer in die Systeme der sozialen Sicherheit einzahlen, geringer wird; umgekehrt bedeutet es, dass der Anteil, der auf die Arbeitnehmer entfällt, steigt oder dass unter Umständen die Leistungen gekürzt werden – diese Rechnung ist ziemlich einfach. Wir sind daher der Meinung, dass eine Lohnnebenkostensenkung nicht der richtige Weg ist. Wir sind der Meinung, dass die österreichischen Arbeitnehmer mittlerweile genug bezahlt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann nicht so sein, dass die Lohnnebenkostensenkung sozusagen beschlossene Sache ist und sich auf der anderen Seite die Arbeitnehmer sozusagen um die Brösel von dem Kuchen anstellen müssen.

Die SPÖ hat daher auch einen anderen Weg gewählt: Uns geht es darum, die Massenkaufkraft zu stärken. Dazu wollen wir eine Entlastung der Lohn- und Einkommensteuer, besonders für die kleinen und mittleren Einkommen, weil das genau jene Gruppe ist, die von der Regierung auch am massivsten belastet worden ist. Es geht uns weiters darum, Arbeitsplätze zu schaffen, indem wir beispielsweise vorschlagen, dass die Investitionstätigkeit der Unternehmen durch einen Investitionsfreibetrag gefördert wird, der beim Wachstum der Investitionen ansetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sehen unseren Vorschlag zu einer Lohnsteuersenkung sozusagen als Sofortmaßnahme an, um einerseits der Konjunkturkrise entgegenzuwirken und andererseits den Rückfall, den Österreich bei der Entwicklung der realen Einkommen unter dieser Regierung hinnehmen musste, etwas auszugleichen. Mittel- und langfristig muss es natürlich darum gehen, die bestehenden Ungleichgewichte im österreichischen Steuersystem tatsächlich auszugleichen. Das heißt, eine solche langfristig geplante Reform müsste selbstverständlich auch Steuerungselemente enthalten, wie sie die Grünen heute andiskutiert haben. In diesem Sinne bin ich auch ganz auf dieser Linie. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

16.56

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Zu dem heutigen Antrag der Grünen: Er ist grundsätzlich nicht so schlecht, und es ist nicht so viel daran auszusetzen, außer – das ist, glaube ich, das Wesentliche – die totale Verengung des Begriffes "Nachhaltigkeit". Sie haben den Begriff "Nachhaltigkeit" leider überhaupt nicht verstanden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)


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