Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 36

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gieren". So habe ich mir "neu regieren" vorgestellt. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Rot-weiß-rot! Rot-weiß-rot!)

Herr Abgeordneter Khol! Damit kommen wir zum Hauptproblem dieser Bundesregierung: akute spontane kollektive Farbenblindheit. Das Innenministerium hat neue Farben, es hat drei neue Farben, wenn wir alle Postenbesetzungen durchgehen: erstens schwarz, zweitens schwarz und drittens tiefschwarz. Jetzt gibt es Abgeordnete (Abg. Ing. Westenthaler: Die schwarz angezogen sind!) und Minister, die erklären, dass schwarz rot ist und dass schwarz weiß ist, und das kollektiv!

Herr Bundeskanzler! Ich würde gerne an dieser Stelle den Herrn Innenminister fragen, was seine Beamten Führerscheinaspiranten raten würden, die nicht in der Lage sind, zwischen Farben zu unterscheiden. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum ist Pilz heute tiefschwarz? – Abg. Dr. Pumberger: Er ist schwarz angezogen, weil er auf einen Posten hofft!) Die Farbenblindheit in diesem Ressort – ich gehe auf die ersten Details ein – ist nicht etwas, das wir nur unter Postenschacher abtun sollten. Es ist schlimm genug, wenn Sie hier heraus gehen und sagen: Weil Sozialdemokraten in den letzten Jahrzehnten ihre Ämter oft parteipolitisch missbraucht haben, deshalb ergebe sich für Politiker der neuen Koalitionsparteien quasi ein Naturrecht, jetzt ihrerseits ihre Positionen zu missbrauchen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben versprochen, mit Privilegien und Parteibuchwirtschaft Schluss zu machen, aber erklären Sie mir bitte, was Herr Gaugg jetzt vorhat. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) In einem "Kurier"-Interview hat er erklärt, er wolle mit dem Postenschacher, mit dem Missbrauch und den bürokratischen Wucherungen in der Sozialversicherung Schluss machen. Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Brauchen Sie in Ihrem Kampf gegen Privilegien jetzt immer ein Nationalratsmandat plus einen Posten, der aus der Sozialversicherung finanziert wird, plus einen Dienstwagen, plus einen Chauffeur, um Privilegien bekämpfen zu können? Können Sie ohne Chauffeur und Dienstwagen keine Privilegien mehr bekämpfen? (Beifall bei den Grünen.)

Die andere Seite – das wurde heute bereits erwähnt – ist jene der ÖVP, wo es nicht um persönlichen Postenschacher und nicht um persönliche Bereicherung geht. Das Projekt im Innenministerium ist ein völlig anderes Projekt. Das Projekt im Innenministerium ist der Versuch, mit den Mitteln einer Partei die politische Macht in einem der sensibelsten Ressorts zu übernehmen. Ich schildere Ihnen jetzt kurz, wie das passiert.

Der heikelste Bereich des Innenministeriums ist mit Sicherheit die Staatspolizei. Der Innenminister selbst hat erst in der letzten Sitzung des Innenausschusses erklärt, dass es überhaupt keinen fachlichen und sachlichen Einwand gegen die Arbeit des letzten Leiters der Staatspolizei gibt. Trotzdem hat er etwas getan, das dem Chef der Staatspolizei klargemacht hat, dass er keine Überlebenschance im Ressort hat. Er hat ihm gesagt: Weil wir die Stapo nicht einfach so umbesetzen können und weil es gegen Sie keinen einzigen persönlichen oder sachlichen Vorwurf gibt, werde ich Folgendes tun: Ich werde einen neuen Titel für den Chef der Staatspolizei erfinden! – Er hat Dr. Heindl klargemacht, dass der Gruppenleiter zwar der Gruppenleiter bleibt, aber einen neuen Titel bekommt, nämlich "Direktor". Und nur weil der Titel geändert wird, muss die Funktion des Direktors neu ausgeschrieben und besetzt werden.

Jetzt stelle ich wieder eine einfache Frage: Ist der Beste genommen worden? (Ruf bei den Freiheitlichen: Ja!) Ist der Beste gesucht worden? Hat man tatsächlich geschaut, wer über die höchsten Qualifikationen für den sensibelsten Job im Innenministerium verfügt? – Der Einzige, über den man nachgedacht hat und den man jetzt auch bestellt hat, ist ein Experte des Heeres-Nachrichtenamtes, des militärischen Geheimdienstes – ohne staatspolizeiliche Erfahrung, ohne Erfahrung des Vollzugs der Strafprozessordnung im Bereich der politischen Kriminalität; jemand, der etwas völlig anderes gelernt hat, etwas, das letzten Endes mit der Arbeit der Staatspolizei unvereinbar ist, der ein völlig anderes Verhältnis zur Justiz hat, ein völlig anderes Verhältnis zur Polizei, der aus einer völlig anderen Sicherheitskultur kommt.

Jetzt haben wir einen Stapo-Chef, von dem wir nur eines wissen: dass er das richtige Parteibuch hat.


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