Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 70

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dauernden steinigen Verhandlungen zu gehen. Es hat schon im Jahr 1969 den Versuch eines Paketabschlusses gegeben, allerdings ohne Erfolg.

Aber auch das Paket von 1992 und die Streitbeilegungserklärung waren mit einem gewissen Risiko behaftet. Es hat der damalige Außenminister Mock damals bereits eingestanden, dass es keine Ideallösung war. Es war gewissermaßen ein Blankoscheck, denn diesem Hohen Haus war der Text des Abkommens gar nicht bekannt. Es hat die internationale rechtliche Absicherung der Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis gefehlt. Außenminister Mock hat damals bereits gesagt, dass es noch offene Fragen gibt, etwa die der "Schwarzen Listen", die strafrechtliche Verfolgung der Südtirolaktivisten und eben diese Unsicherheit der AKB.

Landeshauptmann Durnwalder hat gestern dankenswerterweise festgehalten, dass aus Sicht der Freiheitlichen, die damals in Opposition waren, ihre Nein-Stimme verständlich und richtig war. Aber ich stehe heute nicht an, einzugestehen, dass in diesen zehn Jahren seit der Streitbeilegung die italienische Regierung alle Maßnahmen mit Südtirol abgesprochen hat, dass die Vereinbarungen eingehalten wurden, ja noch mehr: Man hat Südtirol sogar noch mehr Kompetenzen zugestanden. Österreich hat in diesen zehn Jahren sehr gut die Aufpasserfunktion ausgeübt. Das hat gestern der italienische Europaminister Buttiglione auch in dem Sinn unterstützt, dass er von zwei intelligenten Regierungen gesprochen hat. Auch das gestehe ich hiermit ein und bin mit Dank erfüllt. Dank vor allem an den großen Kämpfer Silvius Magnago, der hier auf den Rängen sitzt, an Landeshauptmann Durnwalder, an Außenminister Mock, an die Tiroler Landeshauptleute und an alle, die an dieser Lösung mitgewirkt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Ich kann heute guten Gewissens wiederholen, was 1992 UN-Generalsekretär Boutros-Ghali gesagt hat, nämlich dass hier ein Minderheitenkonflikt vorbildlich gelöst wurde.

Ich möchte aber Herrn Landeshauptmann Durnwalder um Folgendes ersuchen: Er möge in der Schulfrage nicht nachlassen. Er möge mit Vehemenz die Aufhebung der über die Südtiroler Aktivisten verhängten strafrechtlichen Sanktionen weiter betreiben. Auch die Problematik der Ortsnamenregelung, der so genannten Toponomastik, die ja auch auf ein faschistisches Dekret zurückgeht, steht noch vor einer Lösung. Ich bitte ihn, sich weiter dafür einzusetzen.

Ich gebe so wie Klubobmann Khol die Versicherung ab, dass diese österreichische Regierung ihre Schutzfunktion auch weiterhin ausüben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

12.31

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Vor allem sehr geehrte Gäste aus Südtirol! Vor zehn Jahren war der Abschluss des so genannten Südtirol-Paketes nicht nur der Abschluss eines langen, zähen und oft gestörten Verhandlungsprozesses, sondern es war auch de facto der Abschluss einer Vorstellung, die in der Konfliktregion herrschte, dass man nur ohne den jeweils anderen im eigenen Land ein gutes Südtirol würde bauen können. Es war das Ende einer Vorstellung, dass das Verschwinden des anderen die optimalste aller Varianten sein würde. Sie wurde ersetzt durch ein Bild des Zusammenlebens, durch ein Bild des Miteinander-Auskommens, auch auf der Basis und nach einer langen Geschichte von Konflikten.

Von De Gasperi und Gruber über Kreisky und Saragat bis zu vielen großen Persönlichkeiten, von denen einige uns heute die Ehre ihrer Anwesenheit geben, haben sich Menschen dafür engagiert, in der Minderheitenfrage mit einem weiten Blick in die Zukunft zu agieren, mit einem Blick in die Zukunft eines Zusammenlebens, auch wenn sie in ihrer jeweiligen eigenen Gruppe damals weit davon entfernt waren, eine Mehrheit zu haben. Sie hatten aber auch die nötige Zähigkeit, diese Mehrheit, die gegen eine friedliche Lösung stand, zu überzeugen und für diese Überzeugung zu arbeiten.


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