Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 224

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Lassen Sie mich noch ein wenig bei der ökosozialen Marktwirtschaft, bei der ökosozialen Landwirtschaft verweilen. Neben dem heutigen Beschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, der nach den Aussagen einiger Vorredner von den Regierungsparteien sehr zukunftsweisend ist, gibt es noch ein zukunftsweisendes Papier. Das ist zwar noch nicht hier im Parlament zur Behandlung angestanden, aber es ist ein Ministerratsbeschluss. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer. )

Dieses Papier nennt sich "Österreichs Zukunft nachhaltig gestalten". Es ist im April 2002 in der Regierung beschlossen worden – Herr Bundesminister, ich komme auch auf Ihren Zwischenruf zurück –, und nachdem es vorab um "ökologische Rucksäcke", Konsumgüter und so weiter geht, ist darin unter anderem auf Seite 18 zu lesen – ich zitiere wörtlich –:

"Damit soll entsprechenden Produkten der Weg von der Öko-Nische zum Massenmarkt eröffnet werden, wobei auch die besondere Rolle des Handels zu berücksichtigen ist. Auf eine möglichst hohe Teilnahme der Betriebe sowie die aktive Einbindung der Wirtschaft und hier insbesondere der Werbung als zentraler Multiplikator für Lebensstile und Konsummuster ist besonders zu achten. Es ist auch Aufgabe der öffentlichen Hand, die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Auszeichnungen sicherzustellen sowie für die Verbreitung dieser Informationen zu sorgen, um das Konsumentenbewusstsein zu fördern." – Zitatende. (Abg. Schwarzenberger: Ich hoffe, Sie können das unterschreiben!)

Jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss ich sagen: Applaus! Hervorragend! Super! Wirklich toll! Herr Bundesminister, Sie hätten unsere volle Unterstützung – wenn nur die Realität ein bisschen, aber wirklich nur ein bisschen an das herankäme, was hier in diesem Zukunftsprogramm steht. Auf der einen Seite wird im April des heurigen Jahres dieses Papier beschlossen, auf der anderen Seite wird eine Regierungsvorlage vorgelegt, wonach ein Pflanzenschutzmittelgesetz zulässt, dass mehr als 300 neue Substanzen in Österreich ohne Zulassungsverfahren Verwendung finden können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt zu dir, Herr Kollege aus Tirol. Mein Vorredner von der ÖVP aus Tirol war wenigstens ehrlich genug und hat beim Zurückgehen auf seinen Platz gesagt: Bei mir in Tirol ist das ja kein Problem. – Er hat völlig Recht. Warum? Wie ist die Struktur in Tirol? Wie viele große Betriebe im flachen Land gibt es in Tirol, Herr Kollege? – Weniger als in Niederösterreich – einverstanden? (Abg. Hornek: Das Wasser der Donau fließt bergab!) Legen wir uns nicht fest auf ein paar auf oder ab, aber weniger als in Niederösterreich. Und jetzt, Herr Kollege, frage ich dich, und ich frage auch den Herrn Bundesminister: Wo ist denn da die faire Behandlung der österreichischen Bauern? Wenn die Tiroler das nicht einmal anwenden, weil es ihnen sowieso zu teuer ist, wo wird dann das billige Material angewendet, Herr Bundesminister? (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Dort, wo wir gleichzeitig – das beweisen die Grünen Berichte, das beweisen die Wasserschutzberichte – die größten Grundwasserprobleme haben.

Herr Bundesminister! Im Rahmen einer volkswirtschaftlichen Rechnung ist das dann aber wirklich nicht mehr in Ordnung. Kollege Keppelmüller hat als Beispiel die Brunnen genannt. Es gibt andere Untersuchungen, die durch Anfragebeantwortungen aus Ihrem Ressort bestätigt werden. Volkswirtschaftlich ist es dann wirklich nicht gescheit, nicht gut und vor allem nicht sinnvoll, wenn wir auf der einen Seite billige Pestizide verwenden, aber auf der anderen Seite Millionen ausgeben müssen, um zu sanieren.

Herr Bundesminister! Wo ist da der Weg zur Nachhaltigkeit? Herr Kollege Hornek, wo ist da die Multifunktionalität im Denken und im Handeln, wenn auf der einen Seite Zukunftspapiere mit schönen Worten beschlossen werden, auf der anderen Seite in der Realität Gesetzesvorlagen ins Haus kommen, die genau das Gegenteil bewirken?

Herr Bundesminister! Ich habe Ihnen von dieser Stelle aus im Namen meiner Fraktion schon mehrmals die Hand zur Rückkehr zu einer sozialen, gerechten, ökologischen Landwirtschaftspolitik gereicht. Sie haben sie bisher nicht angenommen. Ich mache es heute wieder, Herr Bundesminister, denn etwas können wir nicht brauchen: auf Plakaten und in Werbespots die Biobauern und die Bergbauern, damit im Hintergrund auf Teufel komm raus produziert werden


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