Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 51

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Maßnahmen wie Urlaubsaliquotierung bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder Entfall des Postensuchtages. Das bedeutet für die Arbeitnehmerinnern und Arbeitnehmer 2,3 Milliarden Schilling weniger in ihren Taschen. Das ist Ihre Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ihr eigener Bericht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Nürnberger. )

Ich kann das fortsetzen: Wie ist es denn mit der De-facto-Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrages? – In Ihrer Regierungszeit beschlossen! Wie ist es mit der höheren Besteuerung von Urlaubsentschädigung? – In Ihrer Regierungszeit beschlossen! Wie ist es mit der höheren Besteuerung von Kündigungsentschädigungen? – In Ihrer Regierungszeit beschlossen! Wie ist es mit der höheren Besteuerung von Nachzahlungen aus Anlass arbeitsgerichtlicher Verfahren? – In Ihrer Regierungszeit beschlossen! Wie ist es mit der höheren Besteuerung von Zahlungen aus dem Insolvenzentgeltausfallsfonds? In Ihrer Regierungszeit beschlossen! (Abg. Nürnberger: Horch! Horch!)

Herr Bundesminister Haupt! Wenn Sie die Ambulanzgebühren anführen, dann muss ich Ihnen sagen: Ich warte wirklich auf die Diskussion hier im Hohen Haus darüber, welchen finanziellen Effekt, welchen Lenkungseffekt das bringen soll. (Ruf bei der SPÖ: Null!) Ich bin überzeugt davon, dass Sie, wenn wir uns ehrlich damit beschäftigen, wahrscheinlich mit dabei sein werden, diese unsozialen Ambulanzgebühren wieder abzuschaffen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Sie hier über Arbeitnehmerentlastung reden, dann könnte ich diese Liste noch endlos fortsetzen: Denken wir nur an die Passgebühren oder an die Besteuerung von verschiedenen Heißgetränken! Es gibt niemanden, der von diesen Maßnahmen ausgenommen worden wäre. Es geht auch gar nicht anders! Nicht einmal Ihr Nulldefizit haben Sie damit erreicht! Tun Sie also nicht so, als ob Sie in den letzten zwei Jahren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht belastet hätten! Es geht uns darum, das hier klar und deutlich zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Von verschiedenen Koalitionsrednern ist heute der Sozialdemokratie der Vorwurf gemacht worden, dass sie beabsichtige, das Sozialstaat-Volksbegehren für sich zu vereinnahmen. In keiner Weise! (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist ein ... für die Organisation! So habt ihr es gemacht!) Das sei in aller Klarheit gesagt. Aber eines tun wir nicht, Herr Abgeordneter Spindelegger, nämlich Anliegen von mehr als 700 000 Österreicherinnen und Österreichern nicht ernst nehmen. Wir unterstützen diese Anliegen, wir nehmen diese jedoch nicht in unsere eigene politische Repräsentanz. (Beifall bei der SPÖ.)

Worum geht es denn im Wesentlichen? – Die heutige Debatte hat gezeigt, dass wir uns, mit ganz wenigen Ausnahmen – Sie haben etwa in Ihrer Rede kurz darauf hingewiesen –, nicht der Frage nähern: Macht es Sinn, soziale Anliegen in der Verfassung zu verankern – ja oder nein? – Ich persönlich bin überzeugt davon, dass, wenn man sich mit Grundfragen dieses Staates auseinander setzt, wenn man sich mit dem auseinander setzt, was die Menschen in diesem Lande wollen – 700 000 Unterschriften sind nicht zu negieren, genauso wenig wie jene 800 000 Stimmen, die bei der Urabstimmung des ÖGB erzielt wurden –, dann muss man darin Signale an die Politik erkennen – die keine Partei für sich vereinnahmen kann, die aber jede Partei ernst nehmen muss und unterstützen soll, wenn sie das will.

Genau darum geht es letztendlich. Wir haben uns die Frage zu stellen: Freiheitsrechte? – Kein Einwand, dass diese in der Verfassung sind. Bildungsfragen? – Kein Einwand, dass diese in der Verfassung sind. Eigentumsrechte? – Kein Einwand, dass diese in der Verfassung sind. Aber bei den Sozialrechten erleben wir, dass auf einmal eingewandt wird: Was macht das für einen Sinn, so etwas in die Verfassung aufzunehmen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier geht es um Existenzfragen, um die soziale Existenz unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, um die Menschen, die in unserem Lande leben! Da, glaube ich, wäre es mehr wert denn je, diese Fragen auch in einem modernen Staatswesen zu


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite