Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 71

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gen, Zukunftsängste. Die Diskussion der Bundesregierung, sich von der solidarischen Sozialversicherung zu verabschieden, macht den Menschen Zukunftsangst. Die Menschen wollen im Falle einer Krankheit nicht allein gelassen werden, die Menschen wollen unser solidarisches Gesundheitssystem. Die jungen Menschen wollen auch in späteren Jahren eine Pension haben, und die ältere Generation wünscht sich für ihre Kinder und Enkelkinder Arbeit und Existenzsicherung.

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Das, was Sie machen, ist kein Zusammenschweißen dieser Solidarität – das, was Sie machen, ist ein bewusstes Auseinandersprengen dieser Generationensolidarität, ein Auseinanderdividieren zwischen Jung und Alt! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Noch etwas: Wenn es um Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, wenn es um Rechte der Versicherten geht, Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen, dann reden Sie von ÖVP und FPÖ so gerne von Missbrauch, von Sozialschmarotzern oder von der sozialen Hängematte. Wenn es darum geht, gegen Schwarzunternehmertum etwas zu tun, also um Sozialbetrug am Einzelnen und an der Gemeinschaft, dann schauen Sie weg, das ignorieren Sie als Kavaliersdelikt. Aber das, meine Damen und Herren, durchschauen die Menschen. Diese Politik ist leicht nachvollziehbar, denn auch Sie werden an Ihren Taten und nicht an Ihren Worten gemessen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich will nicht auf alle Details eingehen, denn ich glaube, dass diese Debatte heute etwas grundsätzlicher zu führen wäre, nämlich: Welche Rechte und Pflichten sind wir als Gemeinschaft bereit, den Einzelnen in unserem Staat zuzugestehen? Wo, denken wir, kann sich der Staat dieser Verpflichtungen entledigen? In diesem Zusammenhang werden so gerne der Staat und der einzelne Bürger gegeneinander ausgespielt. Meine Damen und Herren! Wer ist denn bitte der Staat? – Der Staat sind wir alle zusammen, jeder Einzelne und jede Einzelne von uns, und daher kann es kein Ausspielen zwischen Einzelnen und Staat geben, wie Sie das gerade machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Gestatten Sie mir aber doch, ein paar Details aufzuzählen. Sie rühmen sich auch heute wieder der Einführung der Familienhospizkarenz. Ich will nicht wieder den Elternschaftsstreit von gestern beginnen, aber ich muss schon fragen – so gut diese Familienhospizkarenz hätte sein können –: Warum verhindern Sie, dass die Menschen sie sich auch leisten können? Warum gönnen Sie die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit nur jenen, die das nötige Geld haben und das machen können? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl. )  – Dieser Zynismus, Herr Kollege, kann nur von jemandem stammen, der nicht weiß, was es heißt, mit wenig Geld auskommen zu müssen. Das ist Ihre Politik, Sie wissen nicht, was das für die Menschen bedeutet! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung, Ihre steuerlichen Maßnahmen zeigen genau, was dahinter steht: Sie kassieren von jenen Menschen ab, die in Wirklichkeit Unterstützung seitens des Staates brauchen, um unter jenen zu verteilen, die es sich leisten könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Bartenstein! (Abg. Steibl: Bundesminister Bartenstein!) Wenn Sie heute vollmundig erklären: Sozial ist, was Arbeit schafft!, dann würde ich Ihnen einmal grundsätzlich Recht geben. Aber ich frage Sie: Warum machen Sie eine andere Politik? Warum benutzen Sie diesen Satz zynischerweise dazu, um einen Missbrauch zu betreiben, um eine Umverteilung von unten nach oben durchzuführen und um den sozialen Staat auszuhöhlen? (Abg. Steibl: Das geht aber ein bisschen zu weit!) Das frage ich Sie schon, und da sollten Sie uns Rede und Antwort stehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Meine Redezeit ist zu kurz, aber wir werden das Sozialstaat-Volksbegehren ja noch ausführlich hier im Haus behandeln, sofern Sie von den Regierungsparteien nicht auch wieder diese Diskussion abwürgen. Herr Kollege Feurstein! Sie kennen meine Kritik an Ihrer Politik auch bei den Ausschussberatungen, denn diese sind meistens nicht öffentlich, aber nicht einmal dort sind Sie bereit, über Dinge ernsthaft zu diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)


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