Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 234

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Warum sage ich in diesem Zusammenhang "Spitzel"? – Weil der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes in seiner Kritik am Sicherheitspolizeigesetz den Begriff "Spitzel" verwendet und darauf hinweist, unter welchen Voraussetzungen genau diese Spitzelsysteme verfassungswidrig sind.

Das ist nicht mein Problem, und es ist nicht meine Schuld, dass Sie sich diese Kritik jetzt gefallen lassen müssen, sondern das ist Ihr Problem! Es ist Ihr Problem, dass Sie Spitzel einführen, dass Sie gefälschte Identitäten einführen, dass Sie Kritikerinnen und Kritiker der Landesverteidigung überwachen lassen und dass Sie bereits im Vorfeld Spitzel einsetzen, um diejenigen, die anders denken und anders reden als Sie, überwachen lassen zu können.

Meine Damen und Herren! Das geht mir schon viel zu weit in Richtung der Systeme, die ich unter einem in dem Sammelbegriff "Stasi" zusammengefasst habe. Ich als österreichischer Demokrat möchte nie auch nur in die geringste Nähe zu Systemen wie der vergangenen Stasi kommen! Es ist wirklich eine Schande, dass Sie zulassen, dass Einrichtungen des österreichischen Bundesheeres in diese Nähe gerückt worden sind. Das ist Ihre politische Verantwortung! (Beifall bei den Grünen.)

22.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Scheibner. – Bitte.

22.42

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur zwei kurze Klarstellungen.

Herr Abgeordneter Nürnberger! Es tut mir sehr Leid, wir werden keine Kollektivvertragsverhandlungen machen können, weil es im Militärbefugnisgesetz – wenn Sie es sich genau ansehen und mit dem Sicherheitspolizeigesetz vergleichen (Abg. Nürnberger: Ist in Ordnung!)  – nicht die Einrichtung der Vertrauenspersonen gibt. (Abg. Nürnberger: Ich kann Ihnen Leiharbeiter anbieten!) Im Militärbefugnisgesetz gebühren diese Befugnisse nur Beamten und Vertragsbediensteten des Bundesministeriums für Landesverteidigung, Herr Abgeordneter; diese haben ein entsprechendes Dienstrecht und benötigen keinen Kollektivvertrag. (Abg. Nürnberger: Gut!)

Sie, Herr Abgeordneter Pilz – und auch Sie, Herr Abgeordneter Nürnberger –, haben gesagt, jeder Staatsbürger kann jetzt in diese Ermittlungen geraten. Abgeordneter Pilz hat gesagt: jeder Kritiker des Heeres. Ich brauche jetzt nicht noch einmal die Debatte zur Beschlussfassung des Militärbefugnisgesetzes zu wiederholen. Sie wissen ganz genau, dass die Kritik an der militärischen Landesverteidigung nicht durch die Befugnisse der Dienste umfasst ist, sondern ... (Abg. Dr. Pilz: Das steht in den Erläuterungen zum Militärbefugnisgesetz!)

In den Erläuterungen steht eine Entscheidung – ich glaube, des Datenschutzrates oder der Kommission – über Rechtsverhältnisse der Zeit vor der Beschlussfassung des Militärbefugnisgesetzes. Das haben Sie immer, bewusst oder unbewusst, vermischt. Jetzt ist klar, dass eine Befugnis zu nachrichten- oder abwehrdienstlichen Maßnahmen nur dann gegeben ist, wenn es rechtswidrige Angriffe gegen militärische Rechtsgüter gibt: rechtswidrige Angriffe oder Bedrohungen gegen militärische Rechtsgüter!

Was darunter zu verstehen ist, steht ebenfalls in den Erläuterungen zum Militärbefugnisgesetz, Herr Abgeordneter Pilz: "Als konkrete Bedrohungen der militärischen Landesverteidigung kommen in diesem Zusammenhang sowohl Gewaltdelikte gegen militärisch relevante Personen und Sachen" – in Klammer: "Mord, Körperverletzung, Sachbeschädigung" und so weiter – "als auch ... Preisgabe und Ausspähung von Staatsgeheimnissen" und so weiter "in Betracht."

Herr Abgeordneter Pilz! Ich glaube nicht, dass die breite Masse der österreichischen Bevölkerung vorhat, mit Mord, Totschlag, Körperverletzung und Sachbeschädigung rechtswidrige Angriffe gegen militärische Rechtsgüter durchzuführen. Nur solche Personen sind entsprechend im Visier der Abwehr – und ich glaube, auch zu Recht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.44


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