Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 114

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Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr.  Lichtenberger. – Bitte.

14.48

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren – die weni-gen Verbliebenen, die sich für den Alpenschutz intensiv interessieren! Ich hoffe aber trotzdem, dass auch diejenigen, die im Moment nicht im Saale sind, sich mit diesem Vertragswerk hinreichend identifizieren. (Abg. Murauer: Gestern waren die Grünen alle miteinander nicht hier! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Alpenkonvention, deren letzte Protokolle – deren Verhandlung so lange gedauert hat – nun hier im Parlament behandelt und beschlossen werden sollen, blickt auf eine Geschichte von zehn Jahren der Auseinandersetzung zurück. Es war eine Auseinandersetzung, die immer mit dem Widerstand jener "Asphalt-Kaiser" zu rechnen hatte, die es auch in den Alpen gibt und die nicht nur eine Autobahn zu jedem Bauernhof planen, sondern auch heute noch große Alpentransversalen planen und errichten wollen.

Es ging auch gegen den Widerstand der "Kaputt-Erschließer", die unsere letzten naturbelassenen Ressourcen im Alpenraum mit skitechnischen Anlagen minderer Qualität überziehen wollten und wollen, die nicht davor zurückschrecken, bis hin zu den letzten Gletschern auch noch die letzten Naturreservate "nutzbar zu machen" – unter Anführungszeichen – und nach dem Motto "More of the Same" weiter zu erschließen, obwohl das tourismuspolitisch längst schon kontraproduktiv ist.

Einige heiße Phasen hatte diese Alpenkonvention, als die Verhandlung der Protokolle gerade im Verkehrssektor immer wieder zu scheitern drohte. Da waren es vor allem Nicht-Regierungsorganisationen wie die alpinen Verbände, unter ihnen vor allem der Alpenverein, welche die Alpenkonvention immer wieder vor dem Scheitern gerettet haben. Dafür möchte ich mich bei diesen Organisationen im Namen der Grünen – und ich hoffe, im Namen aller Anwesenden – recht herzlich bedanken! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Reheis und Schwarzenberger. )

Es ist jetzt allerdings nicht die Zeit, sich den Schweiß von der Stirn zu wischen und zu sagen: Hurra, wir haben ein tolles Protokoll unterzeichnet, und jetzt gehen wir zur Tagesordnung der Weitererschließung über!, sondern jetzt gilt es, Projekte umzusetzen, und zwar sollen nicht nur Positiv-Projekte im Alpenraum gemacht werden – sei es im Netzwerk alpiner Städte und Orte, sei es in der Berglandwirtschaft, sei es in der Bergwaldbewirtschaftung und im Schutzgebietsmanagement –, sondern es geht auch darum, dass die Organisation auf gute Füße gestellt wird. Das heißt zum Beispiel auch, dass das Sekretariat in Innsbruck angesiedelt wird, dass Österreich sich dafür einsetzt – dafür gibt es auch diesen Antrag, den ich gerne unterstützt habe –, dies zu tun, und dass von dort aus nachhaltiges Wirtschaften im Alpenraum zum Prinzip wird, welches natürlich bis ins Flachland hinunterwachsen soll und kann. Das halte ich für eine zentrale Herausforderung.

Aber teure Bergfeuer zum Jahr der Berge zu veranstalten, die noch dazu durch die Sonnwendfeiern und die begleitenden skandalösen Aussagen eines Herrn Stadler in Verruf geraten, wird zu wenig sein, um alpine Politik zu machen. (Abg. Wittauer: Das hat mit der Alpenkonvention nichts zu tun!) Es bedarf intensiver internationaler Arbeit, um zum Beispiel neue alpenquerende Projekte nicht zuzulassen. Das betrifft die schon erwähnte Alemagna-Autobahn, die von der Adria letzten Endes bis München wie eine Scharte durch die Alpen geschlagen werden soll. Aber es betrifft auch ein österreichisches Projekt, nämlich den so genannten Letzetunnel in Vorarlberg, von dem sich Bundeskanzler Schüssel nicht verabschieden kann. Er meint nämlich, über diesen Letzetunnel brauche man nicht mehr zu reden, denn man habe die Bundesstraßen verländert, und die Vorarlberger könnten sich ja das Geld dafür aus dem Finanzausgleich wieder herausholen.

Meine Damen und Herren! Da verlieren wir die letzte Glaubwürdigkeit in alpiner Politik zum Schutz der Anrainer an den großen Transitrouten. Das darf keinesfalls sein! (Beifall bei den Grünen.)


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