Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 167

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dass jemand, der NS-Wiederbetätigungssprüche hier im Parlament von sich gibt, aus dem Parlament verschwindet!)

18.05

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Opposition! Nach dem, was Sie heute hier dargeboten haben, glaube ich Ihnen noch viel weniger als vorher, dass es Ihnen um die Geschichte geht. Es geht Ihnen nur darum, einen Politiker wie Stadler, der als Volksanwalt sehr beliebt ist, sehr gut ankommt und von dem Sie fürchten, dass er als Spitzenkandidat nach Niederösterreich zurückgeht – das steht heute in der Zeitung –, politisch umzubringen. Das ist der wahre Hintergrund! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Geschichte der Befreiung Österreichs ist auch meine persönliche Geschichte. Ich habe das Jahr 1945 13-jährig erlebt, das Jahr 1955 23-jährig – beides sehr bewusst. Ich habe das Glück der frühen Geburt. Ich bin nicht darauf angewiesen, was mir andere erzählen. Ich muss nicht Meinungen haben und ihnen anhängen, und ich bin auch nicht darauf angewiesen, mich nach Sprachregelungen zu richten. Ich kann mich noch selbst erinnern, was ich mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört habe.

Auch Figl – damals frisch aus dem Konzentrationslager gekommen – und viele andere aus den Reihen der ÖVP, die ich in diesen fünf Minuten nicht alle nennen kann, sowie aus der Sozialistischen Partei, wie sie damals geheißen hat, haben es ebenso empfunden wie ich. Figl hat es in die Worte gekleidet: "Österreich ist frei!" Aber nicht 1945 hat er das getan, sondern 1955, vom Balkon des Belvederes in Wien. Ich habe ihn dabei gesehen und gehört, und ich habe geheult. So ist es gewesen.

Ich darf noch dazusagen, mit welchen Worten Figl seine Rede weiter ergänzt hat – das hätte sich Stadler nie trauen dürfen. Ich lese es langsam vor, obwohl ich wenig Zeit habe: "Ein 17 Jahre lang dauernder grauenvoller Weg der Unfreiheit ist beendet!" 17 Jahre, von 1938 bis 1955, Figl im O-Ton! "Heute ist der Tag gekommen" – heute, 15. Mai 1955! –, "an dem wir den Vertrag unterzeichneten, womit Österreich seine Freiheit und Unabhängigkeit bekommt. ... Mit dem Dank an den Allmächtigen haben wir den Vertrag unterzeichnet, und mit Freuden künden wir heute: Österreich ist frei!"

Figl hat gewusst, wo er redet, was er redet und wovon er redet! (Abg. Ing. Westenthaler: Das sollte der Herr Cap auch wissen!) Er war jahrelang im Konzentrationslager. Das ist Figl im O-Ton. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man ist gut beraten, wenn man die Zeitungen von damals liest und wenn man die Protokolle des Nationalrats und des Bundesrats von damals liest. Ich möchte ein Zitat von ÖVP-Bundesrat Wilhelm Salzer bringen. Von Ihrer Seite (in Richtung SPÖ) ist vor allem Koref, der Bürgermeister von Linz und auch Abgeordneter war, in dieser Reihe zu nennen. Ich kann aber heute nicht Zitate von allen vorlesen. Bundesrat Salzer sagte im Bundesrat – damals ein sehr prominenter Mann aus den Reihen der ÖVP –:

"Das österreichische Volk hat bisher, wie wir bereits hörten, an Besatzungskosten wahrlich schon genug geleistet. Bisnun sind es 5,5 Milliarden Schilling, die wir bezahlen mußten, für eine Befreiung zahlen mußten, die uns auf weiten Gebieten nur eine neuerliche Unfreiheit gebracht hat." – ÖVP-Bundesrat Salzer, 1955.

"Ist es, Hohes Haus, nicht tragisch ..., daß wir noch immer nicht frei sind, keinen Staatsvertrag haben und wie ein Kolonialland besetzt und behandelt werden und dafür sogar noch gigantische Mittel aufwenden müssen!" – Nicht Stadler, auch nicht Ofner – ein ÖVP-Bundesrat damals. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein echter "Extremist"!)

Noch ein interessantes historisches Wort. Der Historiker Gustav Spann – wir kennen ihn alle aus der Literatur, viele vielleicht auch persönlich – kommt zu folgendem Resümee:


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