Mit dem Kriterium der altersbedingten Überlegenheit sollen starre Altersgrenzen vermieden werden. Dennoch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Gefahr nachteiliger Folgen für die sexuelle Entwicklung eines Jugendlichen bei Beziehungen mit älteren Partnern, die an Wissen und Erfahrung Jugendlichen unter sechzehn Jahren überlegen sind, größer ist als bei sexuellen Erlebnissen und Erfahrungen mit annähernd Gleichaltrigen.
Wesentlich für das Ausnützen als das bewusste Sich-Zunutze-Machen der Unreife des jugendlichen Opfers ist, dass dieses auf Grund seiner individuellen Unreife keinen entsprechenden Willen entwickeln und verwirklichen kann und der Täter dies bewusst als einen Faktor einkalkuliert, der seinem Vorhaben zugute kommt. Von einem Ausnützen kann umso eher ausgegangen werden, je größer das zwischen Täter und Opfer bestehende, insbesondere im Altersunterschied begründete "Machtgefälle" ist. Beim Ent- oder Bestehen eines echten Liebesverhältnisses hingegen geht es nicht darum, sich die jugendliche Unreife des Opfers bzw. seine eigene altersbedingte Überlegenheit zunutze zu machen; in einem solchen Fall liegt daher auch kein Ausnützen iSd Tatbestandes vor.
Auf der subjektiven Tatseite ist für alle Elemente zumindest bedingter Vorsatz erforderlich. Dieser muss sich insbesondere darauf beziehen, dass das Opfer unter sechzehn Jahre alt ist, auf die Umstände, welche die mangelnde Reife des Jugendlichen begründen, sowie auf die Tatsache, dass diese Unreife und die eigene altersbedingte Überlegenheit bei der geschlechtlichen Handlung ausgenützt werden.
Zu Abs. 2:
Durch Abs. 2 sollen Personen unter sechzehn Jahren davor geschützt werden, dass sich ein anderer – unabhängig von seinem Alter – eine Zwangslage des Opfers für dessen Bereitschaft zu sexuellen Kontakten zunutze macht. Der Begriff "Zwangslage" kommt unterhalb bzw. außerhalb der Schwelle zur Nötigung zum Tragen und ist im gegebenen Kontext naturgemäß nicht auf eine wirtschaftlich bedrängende Situation im Sinne der §§ 154 und 155 StGB (Wucher) beschränkt, vielmehr wäre insbesondere an Fälle ernsthafter Drucksituationen wie Drogenabhängigkeit, illegaler Aufenthalt, Obdachlosigkeit, Angst vor der Gewalt des Täters oder an jugendspezifische Zwangslagen wie die Notsituation von zu Hause fortgelaufener oder aus einem Heim entwichener Jugendlicher zu denken. Die bloße Befürchtung elterlicher Sanktionen z.B. für zu spätes Nachhausekommen hingegen soll nicht ausreichen.
Unter Ausnützung einer solchen Zwangslage handelt der Täter, wenn diese sein Vorhaben ermöglicht oder zumindest begünstigt, er dies bewusst als einen Faktor einkalkuliert und die ihm damit gebotene Gelegenheit wahrnimmt. Beruhen die Sexualkontakte hingegen nicht auf der Zwangslage des Opfers, sondern auf einer echten Liebesbeziehung zwischen ihm und dem Täter, fehlt es bereits begrifflich an der "Ausnützung" einer Zwangslage.
Auch hier muss auf der subjektiven Tatseite zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich aller Elemente (Alter des Jugendlichen, Umstände, die seine Zwangslage begründen und Ausnützen derselben) gegeben sein.
Zu Abs. 3:
Nach dem schon einleitend erwähnten, in den zuständigen Gremien der Europäischen Union derzeit vorbereiteten Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie soll jedenfalls bestraft werden, wer Geld oder sonstige Vergütungen dafür bietet, dass sich eine Person unter achtzehn Jahren zu sexuellen Handlungen bereit findet. Damit soll den im Erleben von Sexualität als "käuflicher Ware" liegenden Gefahren für die sexuelle Entwicklung und dem zu befürchtenden Abgleiten in eine häufig mit Begleitkriminalität verbundene "Szene" oder in die Prostitution begegnet werden.
Der Begriff "Entgelt" ist im Sinne der Legaldefinition des § 74 StGB als jede einer Bewertung in Geld zugängliche Gegenleistung zu verstehen; immaterielle Vorteile sind daher ausgeschlossen. Durch die Wendung "unmittelbar durch Entgelt dazu verleitet" soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Zuwendung bzw. auch das bloße Anbieten einer solchen für die