5. Tathandlungen soll nach allen drei Absätzen der vorgeschlagenen Strafbestimmung die Vornahme geschlechtlicher Handlungen mit Jugendlichen unter sechzehn – nach Abs. 3 unter achtzehn – Jahren sein (Vornahme am Jugendlichen, Vornehmen lassen an sich, Verleiten des Jugendlichen dazu, eine solche Handlung an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen), wobei nicht von einem erzwungenen Sexualkontakt ausgegangen wird.
Werden geschlechtliche Handlungen erzwungen oder abgenötigt, so ist in de Regel der Tatbestand der Vergewaltigung oder der geschlechtlichen Nötigung (§§ 206 und 207 StGB) erfüllt. Geschlechtliche Handlungen mit Personen unter vierzehn Jahren sind als solche – ungeachtet der sonstigen Umstände – durch die §§ 206 und 207 StGB erfasst, wobei das Gesetz bei Kindern unter vierzehn Jahren generell davon ausgeht, dass sie im Sinne einer ungestörten Entwicklung gar nicht in die Lage kommen sollen, nein sagen zu müssen. Im Fall einer Widerstandsunfähigkeit oder Unzurechnungsfähigkeit des Opfers im Sinne einer Geisteskrankheit, psychischen Behinderung oder einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung liegt eine Schändung (§ 205 StGB) vor. Der Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses, das für das Opfer in der Regel die Schwelle, nein zu sagen, erhöht, ist bereits durch § 212 StGB unter Strafe gestellt.
Nach den einzelnen Varianten der vorgeschlagenen Bestimmung treten zu dem unmittelbaren körperlichen und spezifisch sexualbezogenen Kontakt des Täters mit dem Opfer (oder auf Veranlassung des Täters eines Dritten mit dem Opfer) bestimmte Elemente hinzu, die den Sexualkontakt im Interesse einer ungestörten sexuellen Entwicklung von Personen unter sechzehn bzw. achtzehn Jahren und zur Wahrung deren sexueller Autonomie strafwürdig erscheinen lassen. Allen Fällen ist – wie den bereits erwähnten übrigen Bestimmungen gegen sexuellen Missbrauch – gemeinsam, dass sie Situationen im Auge haben, in denen es dem Opfer unmöglich gemacht oder erheblich erschwert wird, sein sexuelles Selbstbestimmungsrecht dahin auszuüben, dass es einen von ihm nicht gewünschten Sexualkontakt (mit Erfolg) ablehnt.
Zu Abs. 1:
Durch diese Bestimmung sollen Jugendliche unter sechzehn Jahren, die aus bestimmten Gründen noch nicht reif genug sind, die Bedeutung sexueller Kontakte einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (fehlende Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit), davor geschützt werden, dass ihre individuelle Unreife durch erheblich Ältere ausgenützt wird. Die Formulierung orientiert sich bei der Umschreibung der "verzögerten Reife" an § 4 Abs. 2 Z 1 JGG, stellt im gegebenen Kontext jedoch auf die "sexuelle Reife" des/der Jugendlichen und nicht auf die Fähigkeit zur Unterscheidung von Recht und Unrecht im Sinne des Strafrechts ab.
Der Tatbestand kommt dann in Betracht, wenn sich im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Opfer wegen des verzögerten Entwicklungsprozesses (arg. "noch nicht reif genug") die Fähigkeit fehlt, Bedeutung und Tragweite einer konkreten sexuellen Handlung für seine Person einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln. Das Fehlen der sexuellen Selbstbestimmungsfähigkeit bei mündigen Jugendlichen unter sechzehn Jahren muss im konkreten Fall festgestellt werden ("aus bestimmten Gründen"). Handelt es sich nicht um eine entwicklungsbedingte Unreife, sondern um eine Geisteskrankheit, um einen Schwachsinn, um eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder um andere seelische Störungen gleichwertiger Art, so kommt nicht § 207b Abs. 1 StGB zur Anwendung. Das Element der Unreife wird als Tatfrage in der Regel durch ein Sachverständigengutachten zu klären sein, die Beurteilung des Sachverhalts an Hand von § 207b Abs. 1 bleibt aber immer eine vom Richter zu lösende Rechtsfrage.
Das Bestehen einer besonderen Unreife beim Jugendlichen soll allerdings allein nicht zur Verwirklichung des Tatbestandes ausreichen. Der Täter muss vielmehr sowohl die eben beschriebene mangelnde Reife des Opfers als auch seine eigene altersbedingte Überlegenheit beim Zustandekommen des Sexualkontaktes ausnützen.