Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 250

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obwohl Sie dafür zu unreif gewesen wären, zur Polizei hätten gehen können und der Staatsanwalt dann eine Klage hätte einbringen müssen? Er hätte Ihren damaligen Freund anzeigen und ins Gefängnis bringen müssen? Na super! (Abg. Dr. Fekter: Er muss nicht klagen! Es gibt einen klaren Straftatbestand!)

Was heißt das für eine Familie, für die Familienpartei ÖVP, die sagt, die Familien seien so toll und so wichtig? (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Dann können die Eltern sagen: Nein, meine Tochter ist noch zu unreif! Mein Sohn – nein, ich will nicht, dass er mit 15 schon eine Freundin hat! Oder gar einen Freund vielleicht oder eine 15-jährige Lesbe, wenn ihr einmal klar geworden ist, dass sie Lesbe wird, eine Freundin. Wenn die Eltern das nicht wollen, dann schaffen diese Tatbestände, die Sie hier einführen, völlige Unsicherheit für diese Jugendlichen. Das wollen Sie erreichen! Unsicherheit für Jugendliche, und das hat überhaupt nichts mit Sicherheit zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

Dazu kommt noch – und das ist ja vorhin schon angesprochen worden – so ein gewisses homophobes Bewusstsein, das auch da durchdringt, denn wie Sie alle wissen, sind gleichgeschlechtliche Beziehungen in der österreichischen Gesellschaft immer noch keine Selbstverständlichkeit. Da kann es natürlich passieren, wenn sich ein 15- oder 16-jähriges Mädchen das erste Mal in ein Mädchen oder ein Bursch in einen Burschen verliebt, dass es dann wohl zahlreiche Eltern geben wird, die finden, das sei nichts, das sei unreif, da gebe es irgendwo eine Zwangslage. Oder vielleicht hat der 20-Jährige den 16-Jährigen zum Abendessen eingeladen, und danach sind sie gemeinsam ins Bett gegangen. – Das ist gegen Entgelt! Hier gehört der Strafrichter her!, würden die dann meinen. (Ruf bei der ÖVP: Falsch!)

Meine Damen und Herren! Diese Interpretationen werden ermöglicht durch die Strafbestimmungen, die Sie einführen, und diese schaffen Unsicherheit für junge Leute. Sie führen dazu, dass Sexualität nicht in Sicherheit erfahren werden kann. Das ist kein Schutz von Jugendlichen! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie, Herr Kollege Ofner, davon sprechen, dass Sie die Unreife-Bestimmung aus dem Jugendgerichtsgesetz genommen haben, wo es ja auch die Formulierung "Unreife" gibt, frage ich schon: Was haben Straftatbestände wie Diebstahl, Raub oder Ähnliches mit Sexualität zu tun? Machen Sie damit nicht Sexualität zu einem Straftatbestand? – Das tun Sie hier! Sie nehmen die Unreife im Erkennen von Straftaten zum Vorbild. Wir sollen jetzt aber irgendwie erkennen, wo sexuelle Unreife vorliegt, und das heißt de facto, die Jugendlichen sind dann unreif, wenn die Eltern das so bestimmen. Diese Unsicherheiten schaffen Sie damit, und das ist auch der Hauptvorwurf gegen diesen Gesetzestext.

In dieser Schwammigkeit der Formulierungen liegt das Problem. Sie haben noch kein konkretes Beispiel genannt. Sie drücken sich davor, genau zu sagen, was diese Zwangslagen sind, was sexuelle Unreife ist; das heißt, das können, ja müssen dann die Richter interpretieren. Es wird Jahre brauchen, bis es eine entsprechende Judikatur dazu gibt. (Abg. Dr. Fekter : Sie wollen Missbrauchstäter schützen!)

Frau Kollegin Fekter! Das hat auch Kollegin Stoisits bereits x-mal gesagt: Jugendschutz, ja! Warum diskutieren wir dann nicht über Fragen wie Zuhälterei, wie das anders geregelt werden könnte, wie Freier bestraft werden können und nicht die Prostituierten? Warum diskutieren wir das nicht? Darum könnte es gehen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Sie schützen Jugendliche damit nicht, Sie wissen doch ganz genau, dass es zahlreiche Strafgesetzbestimmungen gibt wie geschlechtliche Nötigung, Vergewaltigung, Schändung, sittliche Gefährdung von Personen unter 16 Jahren et cetera, et cetera. Die sind alle anwendbar! (Abg. Dr. Fekter: ... Exhibitionismus ...!)

Ich habe dann noch eine Vermutung, die dazukommt. Noch eine Vermutung! Wenn Sie immer sagen: Reine, echte Liebesbeziehungen, das ist kein Problem. – Wer entscheidet das, wo die echte Liebe ist? (Abg. Dr. Mertel: Der Bischof Laun!)  – Der Bischof Laun wahrscheinlich, genau! Danke für den Tipp! Ich weiß, er hat vor allem gesagt, man müsse die Heterosexualität und die Homosexualität auch wieder trennen. (Abg. Dr. Jarolim: Auch der Khol!)


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