Meine Damen und Herren! Wir stehen heute vor dem Abschluss eines großen Reformwerkes. Eine große österreichische Tageszeitung hat zusammengefasst: Vor 153 Jahren ist eine ähnlich große Veränderung vollzogen worden.
Was geschieht mit diesem Reformwerk? – Die österreichischen Universitäten hören auf, abhängige, nachgeordnete Dienststellen des Ministeriums zu sein. Sie sind keine "Ministerialuniversitäten" mehr, sondern selbständige Bildungseinrichtungen, die auf der Basis dreijähriger Globalbudgets Leistungsvereinbarungen abschließen und ihr eigenes Personal nach einem eigenen Angestelltenrecht anstellen können – inklusive der Möglichkeit einer Pensionskasse.
Die Leitung der Universität wird auch modernisiert: Das Rektorat – ähnlich einem Vorstand, aber eben nur ähnlich –, der Uni-Rat – ähnlich einem Aufsichtsrat – und der Senat – ähnlich dem akademischen Parlament – werden künftig in einer ausgewogenen Aufgabenverteilung und in einem ausbalancierten Machtverhältnis auf effiziente Weise die neue selbständige Universität führen: auf der Basis der österreichischen Bundesverfassung.
Diese Reform ist notwendig geworden, weil sich die Universitäten in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu unübersichtlichen, staatlich zentralistischen Großbetrieben entwickelt haben, in denen die Gremien immer mehr zunahmen – bis zu 200 und mehr waren es allein an der Universität Wien –, die Entscheidungen aber immer undurchsichtiger und unnachvollziehbarer wurden. Der Freiheitsillusion der 68-iger-Bewegung entsprach eine Gremien- und ständisch organisierte Gruppenuniversität, die sich vielfach selbst lähmte und dann bei Nicht-Funktionieren das Ministerium dafür verantwortlich machte. Das war sehr bequem. Diesen bequemen, aber unehrlichen Weg wollen wir beenden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Heute gibt es gegenüber den sechziger Jahren etwa doppelt so viele Studierende und Lehrende. Kein Betrieb, kein Unternehmen in der Wirtschaft würde sagen, dass man in einem doppelt so großen Betrieb mit denselben beziehungsweise mit den gleichen Strukturen arbeiten kann. Kleine Anpassungen reichen nicht aus, um den genannten großen Veränderungen Rechnung zu tragen.
Kleine Veränderungen gab es 1993 mit dem UOG und der damit verbundenen Teilautonomie. Es war eben eine Teil autonomie und nicht die notwendige Autonomie, die wir heute mit dem Gesetz 2002 ermöglichen. Es gab nach wie vor Überreglementierung, Überlagerung von monokratischen und demokratisch-berufsständischen Entscheidungen, Intransparenz und Ineffizienz, und die Studierenden hatten manchmal das Gefühl, dass sie mehr zum Verweilen eingeladen waren als zum raschen und effizienten Studieren.
Ich bin Frau Bundesministerin Gehrer sehr dankbar dafür, dass sie mutig und entschlossen in Bezug auf das Regierungsprogramm 2000 festgelegt hat: Wenn wir etwas umsetzen wollen, dann müssen wir diese Reform fortsetzen und zu einer finalen Form bringen. Wir müssen den Universitäten die volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit geben! – Ihnen ist es zu verdanken, Frau Bundesministerin, dass dieser Entschluss Eingang in das Regierungsprogramm fand und wir heute vor der Verabschiedung dieses Reformwerks stehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Auch die Bevölkerung hat mittlerweile diese Reformabsicht unterstützt. Man geht davon aus, dass die gestiegenen und plural gewordenen Leistungsansprüche der Wissensgesellschaft an die Universitäten sowie die Herausforderungen der Internationalisierung von Forschung und Bildung nur durch dieses neue Bewusstsein, durch eine Struktur-Veränderung, bewältigt werden können.
In ganz Europa, meine Damen und Herren, werden die Universitäten reformiert. Das reicht von den nordöstlichen Nachbarstaaten bis in den Westen. Was heute zählt, ist der moderne Wettbewerb, die kluge Struktur, der engagierte Entwurf – und nicht die nationale Grenze. Im gleichberechtigten Europa kommt man mit simplen Ausreden und traditionellen Sentimenten nicht zum Ziel. Der Wegweiser auf die Insel der Seligen führt schnurgerade in die Irre.