Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 65

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antwortung versteckt sich ein breitflächiger Abbau von Mitbestimmung und Demokratie. "Weltklasse" wollen Sie dadurch erreichen, dass Sie sich an das europäische Mittelmaß anpassen. Die "Meilensteine" entpuppen sich bei näherem Hinschauen als Hinkelsteine.

Die "offene Planung" war so offen, dass Ideen und Vorschläge, die Ihnen nicht ins Konzept gepasst haben, in den unendlichen Weiten der Sitzungen verschwunden sind. Sie war so "offen", dass wir bei der Universitätsplattform im Verhandlungsraum gesessen sind, während Kollege Graf im Hinterzimmer über die Texte verhandelt hat. – So viel zur "offenen Planung".

Die "sichere Finanzierung", geschätzte Damen und Herren, ist ein sicher gehütetes Staatsgeheimnis, sodass bis heute niemand weiß, was diese Reform eigentlich kostet. Ich habe gehört, dass Rektorenchef Winckler mit Ihnen, Frau Ministerin, heute einen Apfelbaum als Symbol des neuen Werdens der Universitäten gepflanzt hat. Ich finde, das ist eine hervorragende Idee, Sie sollten viele solche Apfelbäume pflanzen, denn wenn die Universitäten einmal kein Geld mehr haben, dann haben sie wenigstens ein paar Äpfel zum Essen, und das ist immerhin etwas wert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Du bist schon in der Früh etwas müde!) – Kollege Schweitzer! Sie reden so, machen aber etwas anderes.

Der Hauptvorwurf, den nicht nur wir gegenüber diesem Gesetz erheben, ist, dass die Universitäten eben nicht autonom werden und keine gesicherte Finanzierung haben.

Frau Bundesministerin! Ich habe ein Buch mitgebracht, “Lobpreis der Demokratie”. Ich habe dieses Buch als 15-jähriger Gymnasiast vom damaligen Unterrichtsminister Piffl-Percević bekommen. Lassen Sie mich aus der Rede des Perikles an die gefallenen Athener zitieren:

"Die Verfassung, nach der wir leben, ist kein Abklatsch dessen, was bei unseren Nachbarn rechtens ist. Statt andere nachzuahmen, sind eher wir selbst für manche ein Vorbild. Mit Namen heißt unsere Verfassung Demokratie, weil die Macht nicht einigen wenigen, sondern einer größeren Anzahl zusteht."

Heute wird diese Demokratie an unseren Universitäten zu Grabe getragen (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), und das Buch, das uns die heutige Unterrichtsministerin schenken müsste, heißt nicht "Lobpreis der Demokratie", sondern "Abgesang auf die Demokratie". (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist auch der Hauptgrund dafür, dass die Sozialdemokratische Partei als eine Partei, die dem Grundwert der Demokratie verpflichtet ist, zu diesem Gesetz nicht ja sagen kann, sondern dieses Gesetz in seiner Grundstruktur ablehnt. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Dieses neue Universitätsgesetz bringt nur einigen wenigen Macht – und das in einer Zeit, in der das Mitdenken aller gefordert wäre. Wenn wir im internationalen Wettbewerb weiter bestehen wollen, dann dürfen wir nicht die Entscheidungsbefugnis auf ein paar Professoren konzentrieren, sondern müssen danach trachten, dass alle mitarbeiten können, die am Gelingen der Universität, an der Entwicklung der Universität Interesse haben. Aber Sie machen das Gegenteil, Kollege Fasslabend: Sie konzentrieren die Macht auf die rund 1 200 ordentlichen Professoren.

Kollege Graf meint, jene, die qualifiziert sind, sollen mitarbeiten. Daher frage ich Sie, Herr Kollege Graf: Sind habilitierte Dozentinnen und Dozenten nicht qualifiziert genug? Ist ihre Qualifikation nicht erwiesen? Und warum sind Sie nicht den Schritt mit uns gegangen, all diese Personen in einer Kurie der Lehrenden zusammenzufassen? Das wäre nämlich der bessere Weg gewesen, weil auf diese Weise viele, die an einer Mitarbeit interessiert sind, auch weiterhin mitarbeiten und weiterhin Leitungsfunktionen übernehmen hätten können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Das, was wir heute an den Universitäten brauchen und was wir auch mit unserem Konzept vorgeschlagen haben, ist kein Flaschenhals, bei dem dann in einem obersten Leitungsorgan alle Entscheidungen zusammenlaufen, sondern für die heutige Wissensgesellschaft ist es notwendig, dass es viele autonome Einheiten gibt, die sehr rasch reagieren können und in einem Netzwerk der Universitäten und über die Universitäten hinausgehend verbunden sind. Das wäre ein zukunftsweisendes Projekt gewesen.


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