Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 83

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glaube ich, sehr gut nachvollziehbar, dass es extrem ineffizient, extrem aufwendig ist und dass es auch als politischer Misstrauensvorschuss verstanden wird, wenn man die neuen Strukturen gerade drei Monate in Anwendung hat und jene Leute, die gerade damit fertig geworden sind, eine Reform zu implementieren, jetzt schon wieder mit dem nächsten Ding beauftragt. Das würde kein einziges Unternehmen der Welt machen, eine Organisationsreform durchzuführen und drei Monate später schon wieder mit der nächsten anzufangen. Das belegt, wie ineffizient und undurchdacht dieses Gesetz eigentlich ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Sie waren zu langsam!)

Ich möchte noch anhand von ein paar Beispielen zu belegen versuchen, wie kurios das wirklich ist und wohin das führt, wenn man Universitäten ausschließlich mit Ihrem Leitbild begreift.

Die Debatte ist sehr kontroversiell verlaufen, aber ich glaube, eines kann man schon feststellen: Diese ausschließliche Orientierung an Liberalisierung, Marktöffnung, Knowledge Economies, diese Diskussionsbeiträge gehen dermaßen an dem vorbei, was ein Ort der Forschung, der Lehre, der Wissenschaft, der ästhetischen Bildung sein soll, dass man damit auch einen wesentlichen Teil der Motivation jener Leute, die in solche Universitäten hineingehen und sich für Aufnahmeprüfungen vorbereiten, zerstört.

Ich glaube, viele von Ihnen kennen Familien, die ihre Kinder mit extrem hohem organisatorischem Aufwand in Musikschulen bringen, von dort abholen, mit extrem hohem finanziellem Aufwand eine Begabung, die es zu entwickeln gilt, bis an eine Kunsthochschule heranführen. Und dann stoßen sie auf ein Gebilde, das Ihrer Meinung nach Leistungsvereinbarungen machen soll, das sich an wirtschaftlichen Kennzahlen orientieren, das Drittmittel auftreiben soll für die angewandte Kunst oder für Dirigentenausbildungen. (Abg. Böhacker: Das ist hervorragend! – Abg. Hornek: Was stört Sie daran?) Das ist eine dermaßen skurrile Vorstellung davon, was eine Universität sein soll und sein kann, dass mir teilweise die Haare zu Berge stehen (Abg. Ing. Westenthaler: Das geht bei Ihnen gar nicht!), wenn ich mir vorstelle, wie das bei den Kunstuniversitäten, am Mozarteum und so weiter in den nächsten Jahren auch nur ansatzweise funktionieren soll. (Beifall bei den Grünen.)

Erklären Sie mir das einmal, Herr Westenthaler: Wie stellen Sie sich denn das vor? – Wenn Sie als junge Geigerin zum Beispiel Einzelunterricht haben bei Ernst Kovacic (Abg. Ing. Westenthaler: Was?)  – als junge Geigerin; Geige, ein Instrument, ja? (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt auch Flöten!)  –, und dann sollen Sie zum Beispiel Ihren Lehrer, der ein anerkannter Künstler ist, evaluieren? Was glauben Sie, was das in diesem Bereich bedeutet, wenn Sie im Mittelbau die Leute, die nicht habilitiert sind, aber den Kernbereich der Lehre in Meisterklassen und so weiter darstellen, degradieren? Das ist eine ungeheure Demotivation für so viele Ausbildende in diesem Bereich! Arnulf Rainer zum Beispiel wird nach Ihrem Modell degradiert. (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, das stimmt nicht!) Ich verstehe das alles nicht, das passt überhaupt nicht zusammen mit dem Ansehen, das Österreich im Bereich Kunstuniversitäten, ästhetische Ausbildung weltweit genießt und für die Zukunft auch beibehalten sollte.

Noch ein Beispiel, Herr Westenthaler – Sie können sich das, glaube ich, nicht so gut vorstellen (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten besser lesen!)  –, die Studienzeitverkürzung bei Konzertfachstudien. Glauben Sie, dass man das auf einmal beliebig beschleunigen kann? Feinmotorik etwa muss man sich in sehr langen Übungszeiten aneignen. Da üben die Leute bis zu acht Stunden am Tag. Das kann man nicht beliebig verkürzen und beschleunigen und marktkonform machen. Man kann nicht etwas, was man in 16 Semestern lernt – zum Beispiel Technik und Interpretationsgabe beim Konzertfachstudium Orgel –, auf einmal in zwölf Semestern lernen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Aber bei Geige schon!) Das ist Ihnen völlig fremd, weil Sie sich mit diesen Dingen, mit diesen ästhetischen, bildungspolitischen Fragen einer Kunstuniversität überhaupt nicht beschäftigen.

Ich gehe jetzt auf die anderen Fragen, die vorher schon angesprochen worden sind, etwa auf die grundsätzliche Problematik der Zurückdrängung der Mitbestimmung, nicht mehr ein, aber ich denke, an diesem Beispiel Kunstuniversitäten in Österreich, die Weltruf genießen, kann man sehr gut nachvollziehen, dass diese Reform verfehlt ist, dass die grundsätzliche Orientierung an


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