Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 133

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einmal irgendwo ankommt, denn sonst ist das ein Ringelspiel und keine Reise. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Jung. ) Ja, der Weg ist das Ziel – bei Ihnen! Aber über diesen Weg diskutieren wir in eineinhalb Stunden.

Was man da hört, ist an und für sich ein Potpourri großer Worte. Jetzt werden wir uns die Realitäten einmal anschauen! Wie verteilen sich die Finanzierungsquellen, die der Forschung und Technologie zugute kommen sollen? – Da muss man schon sagen, dass der Staat Österreich, und zwar nicht nur, seit Sie in der Regierung sind, relativ – ich sage relativ, nicht absolut – erkleckliche Mittel zur Verfügung gestellt hat, wenn man sie mit dem privaten Sektor, insbesondere mit Wirtschaft und Industrie, vergleicht. International ist es üblich, dass deutlich über 60 Prozent dieser Ausgaben von Unternehmen im privaten Sektor getragen werden. In Österreich sind das knapp über 50 Prozent. Das ist jene Branche, die eigentlich immer die Hände am weitesten ausstreckt, ihre Begehrlichkeiten am deutlichsten ausdrückt, wenn es um Querfinanzierungen aus öffentlicher Hand geht.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da ein Wissenstransfer in Richtung Wirtschaft stattfindet, und das würde ich mit Ihnen schon ganz gern diskutieren, zumal immer von einer notwendigen Balance zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung, technisch-naturwissenschaftlichem Sektor und Geistes- und Kulturwissenschaften gesprochen wird. Wie schaut das wirklich aus? Wie viel Ihrer angewandten Forschung ist nichts anderes, als den Stand des gegenwärtig technischen Wissens in die Industrie zu shiften. Das ist nicht Forschung, das ist ein Wissenstransfer!

Wenn Projekte auf diesem Sektor gefördert werden, dann sollten Sie – und darum würde ich Sie sehr bitten, und ich hoffe, dass Sie das auch tun werden – Interesse daran haben, dass die Projekte nach ihrer Kreativität und nach ihrem Potential für die Forschung und ihre Zukunft beurteilt werden und nicht danach, ob man sie für Querfinanzierung einsetzen kann, bei welcher man dem Staat die teure Risiko- und Grundlagenforschung überlässt und die Gewinne in dem Bereich privatisiert, in welchem günstige Transfers laufen. Da müssten Sie mehr Durchsetzungskraft beweisen. (Beifall bei den Grünen.)

Nicht ganz unauffällig ist auch, dass ein prominentes Mitglied des Rates für Forschung und Technologie einer der Hauptlukrateure dieser Forschungsmittel ist. Man kann sagen: zu Recht!, aber die Optik ist nicht optimal.

Wenn ich mir anschaue, was Wirtschaft und Industrie wirklich leisten könnten, und es in irgendeinen internationalen Kontext stelle, dann meine ich, dass Industrie und Wirtschaft den wissenschaftlichen Nachwuchs vermehren beziehungsweise die Zahl der Stellen für Forscherinnen und Forscher in ihren Sektoren erhöhen sollten.

Es ist auffallend, dass sich drei Viertel aller Investitionen im Sektor Forschung- und Technologieentwicklung in Österreich auf nur vier Branchen aufteilen. Das ist keine gute Bilanz. Man müsste wirklich schauen, dass da auch andere Sektoren in der Wirtschaft und in Unternehmen etwas machen. Bis jetzt punktet da nur Elektrotechnik, Informationstechnologie, Textil, Maschinenbau, Stahl und dann noch etwas die Automobilindustrie. Rundherum ist eher internationale Wüste, muss man sagen. Da könnte man strukturell schon eingreifen.

Wenn ich sehe, was die Industrie für universitäre Forschung tut, dann muss ich sagen: Ohne Grundlagenforschung ist eine Anwendung von Forschung nicht möglich. Wenn die Grundlagenforschung sistiert wird, dann wird einmal alles Erforschte angewandt sein, und dann ist, um es auf Österreichisch auszudrücken, Sense mit der angewandten Forschung. Sie müssen Universitäten fördern, und da leisten Industrie und Wirtschaft in Österreich knapp 2,6 Prozent. So viel Geld geht an die Universitäten vom gesamten universitären Sektor. In anderen Ländern liegt das zwischen 5 und 11 Prozent! Also wenn schon Kooperationen, dann soll das kein One-way sein, glaube ich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger  – auf die Sitzreihen der Freiheitlichen zeigend –: Das Thema ist für die Freiheitlichen nicht sehr interessant!) Aha, interessant! Ja, Sie haben Recht.


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