Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 159

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unter den Scheffel stellen, denn es sind ja jetzt wichtige Schritte – im Zusammenhang mit der Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern – erfolgt. Wir können sagen, es geschah spät; aber es ist wichtig, dass es erfolgt ist!

Meine Damen und Herren! Zum zweiten Punkt, der politischen Bewertung: Herr Mag. Stadler ist nicht befragt worden nach einer Bewertung des individuellen Leides von Opfern. Niemand von uns kann das. Jede/jeder, die/der Opfer eines Verbrechens geworden ist, wird diesen Umstand wahrscheinlich als das Einschneidendste im eigenen Leben empfinden. Und es stellt niemand in Abrede, dass es bei allen Befreiungen nach Konflikten, nach Kriegen auch zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg so, das war aber auch bei den aktuellen Konflikten der Fall: Das war in Bosnien der Fall, das war im Kosovo der Fall. – Aber individuelle Verletzungen der Menschenrechte und den politischen Auftrag einer Mission zu verwechseln, heißt, ein bewusstes Zerrbild der Geschichte herzustellen!

Meine Damen und Herren! Es ist sehr wohl möglich, den Nazi-Terror – ein Terror- und Verbrechensregime, das ausschließlich auf Verbrechen beruht hat, auf der Tatsache, dass man ganzen Bevölkerungsgruppen ihr Mensch-Sein abgesprochen, sie ermordet, sie zur Ermordung freigegeben hat – der Befreiung durch die Alliierten gegenüberzustellen. Und wer da nicht ein eindeutiges Urteil trifft, der, glaube ich, rüttelt wirklich am Grundkonsens dieser Republik und versucht, diesem Land ein falsches Geschichtsbild aufzunötigen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das wäre so, als würden wir vereinzelte Verletzungen von Menschenrechten, wie sie etwa im Rahmen von UN-Missionen auch durch Angehörige der Vereinten Nationen begangen worden sind, oder Vorwürfe, wie sie auch gegen österreichische Polizeikräfte geäußert worden sind, mit dem Grund dieses Einsatzes vergleichen. Das wäre genauso, als würde man sagen, dass diese vereinzelten – und zu ahndenden – Menschenrechtsverletzungen den UNO-Einsatz an sich oder österreichische Hilfseinsätze auf dieselbe Stufe stellen würden wie ethnische "Säuberungen". – Ich glaube, da würden alle in diesem Haus aufschreien. Genau das aber tut Mag. Stadler – und das ist in aller Schärfe zurückzuweisen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Damit komme ich zum dritten und letzten Punkt, und da, Herr Bundeskanzler, ersuche ich Sie, doch auch eine Erklärung abzugeben oder Ihre Haltung darzulegen, denn ich denke, wir können nicht so zur Tagesordnung übergehen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Mag. Stadler derartige Äußerungen von sich gibt. Er hat immer den Zweiten Weltkrieg, das Terrorregime der Nazis mit Menschenrechtsverletzungen individueller Art verglichen, auf eine Ebene gestellt und damit sehr wohl den nationalsozialistischen Terror relativiert und bagatellisiert. Mag. Stadler hat auch wiederholt an Treffen rechtsextremer Gruppen teilgenommen. Es sind wiederholt Bekenntnisse zum Deutschtum – nicht zu Österreich! – erfolgt, und ich möchte Ihnen einige dieser Äußerungen auch hier in diesem Rahmen zur Kenntnis bringen.

Sie wissen, Herr Bundeskanzler, ich habe auch mit einzelnen Regierungsmitgliedern über einzelne derartige Begebenheiten Korrespondenz geführt, weil ich gehofft habe, dass diese Regierung ohne großes Aufsehen in der Lage sein würde, ernste Worte auch mit einer Person zu sprechen, die sich selbst ins Abseits gestellt hat. Das ist offenbar nicht möglich. Daher glaube ich, dass Sie in der Tat als Chef dieser Regierung gefordert sind.

Herr Bundeskanzler! Herr Mag. Stadler hat unter anderem im November des abgelaufenen Jahres an einem Treffen im politischen Bezirk Kirchberg teilgenommen (Abg. Mag. Schweitzer: Wo ist das?), an dem die Spitzen des europäischen Rechtsextremismus teilnahmen. Im Rahmen dieses Treffens wurde auch festgestellt, dass etwa Führungskader der neonazistischen VAPO Gottfried Küssels anwesend waren.

In der Beantwortung einer Anfrage der Grünen durch den Innenminister ist festgestellt worden, dass an diesem Treffen auch Personen, die nach dem Verbotsgesetz vorbestraft sind, teilge


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