Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 170

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"Wenn ich die Wahl habe zwischen Pest und Cholera oder gar nichts, dann möchte ich lieber gar nichts."

"Wenn ich die Wahl habe zwischen Pest und Cholera ..." – Wie soll ich das verstehen? Pest steht für Hitler-Deutschland und Cholera für die Figl-Raab-Regierung? – Und dazu sagen Sie nichts? (Empörter Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Besatzungsmacht, Herr Kollege! Vergewaltigungen, 200 000! Mord und Totschlag! Sie verdrehen alles!)

Herr Westenthaler! Ich lese Ihnen einen Kommentar aus dem "Kurier" vor, der meines Erachtens fair ist und der auch auf den Punkt eingeht, den Sie hier gerade herausschreien. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sind Tatsachen!)  – Hören Sie einmal zu! Ich zitiere den "Kurier" vom 4. Juli 2002:

"Wie immer bei derartigen Provokationen setzt Stadler an einem Zipfelchen Wahrheit an. Das Wüten der Russen in Niederösterreich war tatsächlich ein Kulturschock. Als jugendlicher Zeitzeuge von damals weiß ich Bescheid", schreibt der Kommentator. Und weiters:

"Doch weder lassen sich die Dimensionen dieser Verbrechen, noch deren politischer Hintergrund mit dem NS-Regime gleichsetzen. Wer es dennoch tut, ist entweder ein Dummkopf oder ein zynischer Ewiggestriger."

Meine Damen und Herren! Die meisten von uns kennen Herrn Mag. Stadler. Ich kenne ihn zumindest aus der Zeit, als er noch hier geschäftsführender Klubobmann der FPÖ war. Ich kann nur sagen: Dummkopf ist er keiner. Er ist ein zynischer Ewiggestriger, das schon! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel! Dazu sagen Sie nichts? (Abg. Ing. Westenthaler: Und was ist der Herr Pilz, der den Staat abschaffen will?) Selbst Herr Dr. Khol hat neulich gesagt, dem Dr. Stadler passieren solche Dinge nicht. (Abg. Dr. Khol: Magister! Abg. Dr. Petrovic  – in Richtung des Abg. Dr. Khol : Das ist das Wichtigste!)  – Das haben Sie gesagt, Herr Dr. Khol! Dem Herrn Mag. Stadler passieren solche Dinge nicht. Der provoziert mit Absicht.  – Und angesichts dessen sagen Sie, Herr Dr. Khol und Herr Bundeskanzler Schüssel: Nun ja, aber ändern werden wir nichts; wir wollen jetzt keine Anlassgesetzgebung!

Einverstanden, Herr Dr. Khol (Abg. Ing. Westenthaler: Wer den Staat abschaffen will, ist ein Anarchist!): Auch ich will keine Anlassgesetzgebung! Wir wollten das nie – siehe § 209 StGB. Auch in diesem Fall wollen wir keine Anlassgesetzgebung. (Abg. Dr. Khol: Die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof!) Nehmen wir uns Zeit! Aber dass jemand in einer hohen öffentlichen Funktion, bestellt von diesem Hause, dem Nationalrat, solche Äußerungen tätigt und vom Nationalrat nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, Herr Dr. Khol, das belastet Sie keine Sekunde lang? Es lohnt sich also nicht, deshalb über die Abberufbarkeit auch von Volksanwälten nachzudenken – noch dazu, wo der Präsident des Rechnungshofes, der tatsächlich in einer sehr heiklen Situation ist, weil er zu prüfen, zu kontrollieren, aufzudecken und so weiter hat, sehr wohl jederzeit mit Mehrheit dieses Hauses abberufen werden kann?

Aber dass wir einen Herrn Mag. Stadler, dessen Rücktritt wir mit aller Vehemenz nochmals und immer wieder verlangen, nicht abberufen können, Herr Dr. Khol, Herr Bundeskanzler Schüssel, darin sehe ich ein wirkliches demokratiepolitisches Problem! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. Abg. Ing. Westenthaler: "Rübe ab!" Das ist Ihre Politik!)

18.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

18.22

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Die Schwäche an Ihrer Rede war vor allem das, was Sie hier nicht gesagt haben. Es ist eigentlich ungeheuerlich, dass Sie keine Worte zu den Äußerungen von Volksanwalt Stadler gefunden haben. Ich hoffe, dass Sie das noch nachholen.


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