Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 61

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Aus diversen Quellen gibt es Hinweise, dass die erste Lieferung von Eurofightern technische Musskriterien der Ausschreibung nicht erfüllt. Damit würde aber ein Bieter gegenüber den anderen bevorzugt werden, was erhebliche rechtliche Konsequenzen und damit finanzielle Belastungen der Republik Österreich nach sich ziehen könnte. Wie jetzt bekannt wurde, liegt der Bundesregierung zu diesem Rechtsproblem ein Gutachten des angesehenen Univ.-Prof. Dr. Josef Aicher vor, das davon ausgeht, dass bei einer Ungleichbehandlung von Anbietern der Unterlegene den Kaufpreis einklagen könne. Die Bundesregierung schweigt jedoch lediglich zu diesen massiven Vorhalten.

Eine besondere Rolle bei der Entscheidung für Eurofighter und damit dem teuersten Produkt spielte Finanzminister Grasser. Nachdem er monatelang den ÖsterreicherInnen vorgaukelte, sich gegen den Ankauf von "Kriegsgerät" einzusetzen, stimmte auch er plötzlich für den Ankauf der Eurofighter. Er hat damit die Interessen der SteuerzahlerInnen massiv verletzt.

Völlige Unklarheit besteht ebenfalls hinsichtlich der angebotenen Kompensationsgeschäfte. Was in diesem Zusammenhang zu denken gibt, ist die Täuschung der Öffentlichkeit durch den Finanzminister, wonach der Magna-Konzern, zu welchem er ein Rückkehrrecht in eine Managementfunktion hat, bei der Entscheidung für den Gripen Kompensationsgeschäfte im selben Ausmaß wie bei der Variante Eurofighter erhalten hätte. Diese Aussage wurde von der Tages-zeitung "Die Presse" am 11. Juli 2002 widerlegt: "Aus den Unterlagen der Bewertungskommission geht allerdings hervor, dass beim Gripen-Kauf keinerlei Folgeaufträge für die Magna vorgesehen wären".

Analysiert man die gegenwärtigen Abläufe, so werden Parallelen zum Ankauf der Thomson-Radargeräte auffällig. Auch damals gab es eine überraschende, völlig untransparente Entscheidung zugunsten eines Bieters, bei dem ebenfalls nicht sicher war, ob er alle technischen und organisatorischen Ausschreibungskriterien erfüllt. Jedenfalls gab es damals das Angebot an eine Regierungspartei, deren Regierungsmitglieder jedoch weder für die militärische noch für die wirtschaftliche Bewertung zuständig waren, für die Zustimmung zu diesem Bieter Provisionszahlungen zu erhalten. Die SPÖ hat damals umgehend die Staatsanwaltschaft davon in Kenntnis gesetzt. Jahre später wurde bekannt, dass der Name des damaligen Wirtschaftsministers und jetzigen Bundeskanzlers Dr. Schüssel im Kalender des Waffenhändlers Schreiber vorkommt. Jener Schreiber, der gegenwärtig einen Prozess in der Schweiz führt, bei dem es um die Zahlung von ca. 700 000 € an ihn wegen der Organisation eines Termins von Vertretern der Fa. Thomson beim damaligen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel geht. Dieser Termin fiel in jene Zeitspanne im August 1994, in der ein neues Gutachten bestellt und Thomson in Folge überraschenderweise Erstgereihter unter den Anbietern wurde.

Seit Einbringung des Verlangens auf außerordentliche Tagung und der mittlerweile einge-tretenen Unwetterkatastrophe, die große Teile Österreichs und der österreichischen Bevölkerung schwer getroffen hat, ist auch ein Stimmungsumschwung in den Regierungsparteien festzustellen. Nicht nur 77% der österreichischen Bevölkerung und die beiden Oppositionsparteien sprechen sich für einen Beschaffungsstopp der Eurofighter aus, sondern auch wichtige Vertreter der FPÖ und ÖVP haben sich nunmehr diesem Gebot der Vernunft angeschlossen. Neben Landeshauptmann Haider fordern wichtige Landesorganisationen der FPÖ, wie Wien und Kärnten, diesen Beschaffungsstopp. Auch der Militärexperte der FPÖ, Bundesrat John Gudenus, ein hochrangiger Offizier des Österreichischen Bundesheeres, schließt sich dieser Forderung an.

Für den Fall, dass dieser Beschaffungsstopp nicht umgesetzt wird, verlangt der Wiener FP-Vorsitzende eine Volksabstimmung; Hilmar Kabas: "Wir müssen dann über die Abfangjäger abstimmen wie damals über Zwentendorf."

Auch in den Reihen der Volkspartei treten die ersten Widerstände an den Tag: Der Tiroler ÖVP-Landesobmann Herwig van Staa dazu: "Ich bin der Meinung, dass die Bundesregierung gut beraten wäre, den Kauf der Abfangjäger zu stoppen angesichts der katastrophalen Situation in Österreich."


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite