Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 46

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Meine Damen und Herren! Mir geht es darum, dass wir in den Lebensfragen unseres Staates die Freiheit unserer Entscheidung wahren. Vieles ist anders geworden als früher, das stimmt, aber es ist immer mit unserer Zustimmung geschehen, und so soll es auch weiter bleiben. Wenn wir die Luftraumsicherung endgültig aufgeben, dann sollten wir dies bewusst tun – und nicht eines Tages aufwachen mit dem erloschenen Anspruch auf Unabhängigkeit und Autonomie. Aus Nachlässigkeit und Gedankenlosigkeit darf die Souveränität Österreichs in diesem Bereich nicht einfach geopfert werden. Das mag nicht populär sein, aber es ist Staatspolitik, und da ist auch die Wirtschaft gefordert, zu zeigen, wie die Qualität der Gegengeschäfte aussieht, die letztlich Tausende Arbeitsplätze bringen könnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Hochwasser- und Wiederaufbauhilfe steht heute auf der Tagesordnung. Wir haben gemeinsam mit den Ländern durch Direkthilfe und durch steuerliche Incentives ungefähr 2 Milliarden € zur Verfügung gestellt. 50 000 Helfer, professionelle oder freiwillige Helfer, Hunderttausende Spender und 5 Millionen Steuerzahler stehen heute hier zusammen, um gemeinsam etwas zu bewegen.

Das ist die solidarische Mitte, für die ich etwa als Christdemokrat (Abg. Schwemlein: Mein Gott!) und viele andere aus anderen ideologischen oder gesellschaftspolitischen Gründen stehen. Hier hat die österreichische Solidarität ein österreichisches, sehr konkretes und sehr sympathisches Gesicht gezeigt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir stellen dafür andere, auch wünschenswerte Anliegen zurück. Die Entlastung aller hat Nachrang gegenüber der Entlastung der Opfer. Meine Damen und Herren! Wer die Tränen, wer die Verzweiflung der betroffenen 200 000 Opfer erlebt hat – so wie etwa die Frau Vizekanzlerin und ich oder auch Minister, die vor Ort waren und nicht auf Urlaub –, verspricht eben nicht nur konkrete Soforthilfe angesichts der Flut, sondern hält auch sein Versprechen, wenn das Wasser zurückgeht und die Medien vielleicht andere Schlagzeilen haben. Daher bitte ich Sie heute um einen möglichst einvernehmlichen Beschluss für diese notwendige Hilfe und um entsprechende Priorität für die Hochwasseropfer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das zweite wichtige Thema, das heute und morgen auf der Tagesordnung steht, ist die Konjunkturbelebung. Die Wirtschaftsforscher haben im Herbst des vergangenen Jahres eine zu optimistische Erwartung gehabt – auch ich, ich gebe das offen zu, und ich befinde mich da in Gesellschaft von vielen europäischen Wirtschaftspolitikern. Der Arbeitsmarkt zeigt uns heute ein merkwürdiges Doppelgesicht: Auf der einen Seite haben wir Rekordbeschäftigung – 40 000 Menschen mehr haben heute Arbeitsplätze als etwa im August 1999 –, aber wir haben auch fast 20 000 Arbeitslose mehr. 199 000 Arbeitslose hatten wir im August zu beklagen, und jeder Einzelne davon ist zu viel.

Der Hartz-Report, von uns sehr genau studiert, zeigt, dass die durchschnittliche Arbeitsvermittlung in Deutschland 33 Wochen dauert, in Österreich nicht einmal 15 Wochen. Die Reform des Arbeitsmarktservice war also ein großer Erfolg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Bundesanstalt für Arbeit ist eine Behörde, hat 90 000 Beamte, und nur 10 Prozent davon sind in der konkreten Arbeitsvermittlung tätig. In Österreich ist es genau umgekehrt: Wir haben nur ein Zwanzigstel, nämlich 4 500, davon sind aber 90 Prozent mit der Vermittlung von Arbeit beschäftigt. Österreich ist immer noch das drittbeste Land im Hinblick auf die Arbeitsplatzqualität, die Zahl der Arbeitsplätze, die niedrige Arbeitslosenrate und sogar das zweitbeste im Hinblick auf die Jugendbeschäftigung.

Aber wir können mehr – und wir müssen besser werden, getreu unserem Leitspruch: Sozial ist, was Arbeit schafft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang haben wir Ihnen zwei Konjunkturpakete vorgelegt, eines im Jänner und eines heute; im Jänner eines mit einem Volumen von 800 Millionen €, heute eines mit 600 Millionen €. Schwerpunkt ist die Betreuung junger Menschen. Ziel ist es, jedem Jugend


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