Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 137

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gekommen ist, war, dass sich der Bundeskanzler, die Außenministerin, sagen wir, die ÖVP nicht traute, etwas mit anderen zu vereinbaren und sich öffentlich zu binden, weil sie die Sorge hatte, wenn der Koalitionspartner FPÖ kommt und die nächste Kapriole schlägt, dass sie sich dann nicht mehr um des lieben Koalitionsfriedens willen sofort mitdrehen und auf diese neue Haltung eingehen kann, wenn es eine Vier-Parteien-Lösung gibt. Dies, so glaube ich, war der wahre Grund, warum unser Angebot zur Zusammenarbeit sehr oft nicht angenommen wurde. Und es ist schlecht, dass Koalitionsüberlegungen als wichtiger, als bedeutender eingeschätzt wurden als eine gemeinsame Arbeit für unsere Republik im Ausland. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frau Außenministerin wird, so glaube ich, in wenigen Tagen ein Buch vorstellen – ich weiß nicht, ob es ein aktuelles Buch ist oder Memoiren sind. Wenn sie diese Frage behandelt, wird sie vielleicht das, was sie zwischen den Zeilen sehr oft gesagt hat, deutlich sagen, und zwar ungefähr so: Ich folgte den koalitionspolitischen Notwendigkeiten und nicht meinen eigenen außenpolitischen Trieben. – Das gilt aber sicherlich nur als Erklärung, das kann keinesfalls eine Entschuldigung sein, denn im Interesse des Landes hätte man sich anders verhalten müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch in Punkten, bei denen es nicht notwendig war, dass sie auf die FPÖ Rücksicht nahm, haben der Bundeskanzler und sie sehr oft eine falsche Politik eingeschlagen. Ich erinnere an den Feldzug gegen die Neutralität, der erst aufgegeben wurde, als man sie als Feigenblatt für die Kampfflugzeugbeschaffung brauchte, oder an das krampfhafte Bemühen, doch in die NATO hineinzukommen, obwohl alle Zeichen in Europa schon in Richtung europäische Lösung weisen.

Meine Damen und Herren! Vieles ließe sich anführen. Ja, es hat positive Maßnahmen gegeben, aber in der Summe waren diese zweieinhalb Jahre keine glückliche Zeit für unser Land in Europa und in der Welt. Unser Land hat sich eine andere Außenpolitik verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

17.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.08

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schieder, ich bin kein außenpolitisch erfahrener Mensch, wie Sie einer sind, und möchte mich auf diesem Feld auch gar nicht betätigen, weil jeder für seinen Bereich, mit dem er sich beschäftigt, auch dementsprechend Zeit aufwenden und auch eine gewisse Erfahrung haben muss. Aber eines darf ich Ihnen schon sagen: In diesen zweieinhalb Jahren wäre Österreich, vor allem am Beginn dieser Legislaturperiode, außenpolitisch sicher noch besser dagestanden, wenn Sie, die SPÖ, zu diesem Österreich gestanden wären. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Herr Kollege! Am besten wäre es dagestanden, wenn es diese Regierung nicht gegeben hätte! – Abg. Dietachmayr: Zu Österreich sind wir immer gestanden!)

Meine Damen und Herren! Noch etwas sei klargestellt: Van der Bellen meinte heute, Japan sei ein positives Beispiel, und zitierte Forschungsquote und andere Bereiche. Japan ist für mich kein positives Beispiel. Ich habe mir die wirtschaftlichen Zahlen und Fakten über Japan besorgt. Japan hat ein BIP-Wachstum in der Höhe von 0,1 Prozent, also ein Minuswachstum, Österreich hingegen hat ein Plus von 1,2 Prozent. Das viel gepriesene Deutschland, dessen politischer Farbenlehre Sie hier nachhängen, weist 0,7 Prozent BIP-Wachstum aus.

Meine Damen und Herren! Zweiter Punkt: Japan weist eine Verschuldungsrate von 139,8 Prozent des BIP auf, also mehr als die doppelte Verschuldungsquote Österreichs. Das ist kein gutes Beispiel, das sei auch Herrn Klubobmann Van der Bellen ausgerichtet, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Dem Herrn Professor!)

Meine Damen und Herren! Drittens: Wenn ich mir die Wachstumserwartung in diesem so viel gepriesenen Land Japan oder in der Bundesrepublik Deutschland, deren politische Farbenlehre Sie so begrüßen, oder die Arbeitslosenzahlen ansehe, dann muss ich sagen, wir haben Gott sei


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