Die Regierung glaubt die Wahrheit für sich gepachtet zu haben. Die Wahrheit heißt aber auch, klare Daten und Fakten auf den Tisch zu legen. Geschieht dies nicht – das Gegenteil von Wahrheit heißt Lüge, dieses Wort darf man hier nicht gebrauchen –, dann muss ich sagen, dass man mit der Wahrheit locker umgeht, um jetzt einem Ordnungsruf zu entgehen.
Schauen wir uns an, wie ernst es die Gesundheitspolitik mit dieser Wahrheit genommen hat, wie oft die Wahrheit verschwiegen und verdreht wurde und wie oft Khol mit seiner Bemerkung, "die Wahrheit ist nur eine Tochter der Zeit", Recht hat, wobei hier ein fast schon frauenfeindlicher Satz geprägt wurde, denn auch Söhne können der Wahrheit der Zeit sozusagen zugetan sein. Vielleicht meinte er aber nur die Regierungszeit.
Jetzt schauen wir uns einmal an, was Sickl ganz am Anfang ihrer relativ kurzen Karriere gesagt hat. Ich zitiere wieder aus dem Budgetausschuss des Parlaments: Eine Untersuchung über die Steuerungseffekte einzelner Selbstbehalte liegt nicht vor. – Na prima! Ich setze mir ein Ziel. Es liegt zwar keine Untersuchung vor, ob diese Maßnahmen zu diesem Ziel hinführen, aber ich setze diese Maßnahmen, egal, was herauskommt, egal, wie viele Patientinnen und Patienten dadurch ungerecht behandelt, belastet und verunsichert werden. Das verstehe ich nicht unter verantwortungsvoller Politik.
Es ist weiter auch nicht der Wahrheit entsprechend, dass die Behandlungsfälle im stationären Bereich, wie hier von der Regierungsbank aus gesagt wurde, teilweise drei- bis viermal so teuer sind wie in der niedergelassenen Praxis. Auch das erkläre ich Ihnen gerne nochmals. Sie sollten als Wirtschaftspartei ÖVP, so bezeichnen Sie sich ja gelegentlich, zumindest rechnen können.
Ein Behandlungsfall im klinischen Bereich, in der Ambulanz, ist bereits dann gegeben, wenn eine Patientin die Ambulanz betritt. Diese kann die Ambulanz im Jahr viermal, einmal, zehnmal aufsuchen, da gilt der Behandlungsfall gerechnet über ein Jahr, in der niedergelassenen Praxis allerdings nur vierteljährlich. Jetzt können Sie sich natürlich vorstellen, dass da andere Zahlen herauskommen.
Und noch etwas: Es werden Leute, die hier zuhören, ja erfahren haben, dass in einer Ambulanz nicht nur die Leistung eines Arztes angeboten wird, da kommen noch Konsiliarärzte dazu: Röntgen, Labor, Ultraschall, Computertomographie, wenn es notwendig ist. In der freien Praxis wird das an Leistungen angeboten per Überweisungen an Laborärzte, an RöntgenologInnen et cetera pp. Das wurde alles nicht mitgerechnet.
So stellen Sie Ihre Begründung dafür auf, warum etwas billiger und das andere teurer ist. Das halte ich schlichtweg für nicht stark begründet, ich würde sogar sagen, für schwach und falsch.
Wenn Khol wieder auf etwas wetten will – er hat ja gewettet, wie lange die Bundesregierung hält; das hat sich im Fernsehen angehört wie eine Gourmetsendung: sechs Flaschen guten Rotweins, Cuvée, im Holzfass gereift –, dann soll er mit uns jetzt diese Wette eingehen, wer hier Recht hat: die Gesundheitspolitik der Bundesregierung oder wir? Wir werden aber mehr als sechs Flaschen verlangen, nämlich welche für jeden unserer Abgeordneten. (Beifall bei den Grünen.)
Dann noch etwas: Sie haben auch Entbürokratisierung und Verwaltungsreform versprochen. Wenn hier die Menschen auf der Galerie hören, welche bürokratischen Hürden diese Ambulanzgebühren gebracht haben, dass 59 Datensatzfelder ausgefüllt werden müssen, um zu richtigen Entscheidungen zu kommen, und satte 32 Seiten an Erläuterungen auf dem Verordnungsweg erlassen wurden, dann können Sie sich vorstellen, dass man in einer Ambulanz ohne Rechtsanwalt, ohne PatientenanwältIn, ohne Geographen und Landvermesser – ich werde Ihnen erklären, warum – keine Entscheidung mehr treffen kann, denn von der Gebühr ausgenommen werden Patienten, wenn in angemessener Entfernung ihres Wohnortes gewisse Leistungen nicht angeboten werden können. Wer überprüft das? Welche ÄrztIn, Krankenschwester wird die Landkarte von Oberösterreich, des Burgenlandes aufschlagen und im Branchenverzeichnis nachschauen, wie viele Kilometer vom Wohnort der PatientIn jemand entfernt ist?