Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 214

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Finanzminister Karl-Heinz Grasser lehnte noch am 25. 6. 2002 den Ankauf von (wörtlich) Kriegsgerät ab, beugte sich aber den Spitzen der Regierung und der Parlamentsklubs mit den Worten "ich versuche daher, die beste einer nicht so guten Lösung mit auszuarbeiten". Die "beste einer nicht so guten Lösung" bestand in der Entscheidung für den Abfangjäger "Eurofighter", das teuerste und bisher kaum in Verwendung stehende Kriegsgerät.

"Tatsächlich ist es dem EADS-Konsortium bisher nicht gelungen, auch nur einen Flieger außerhalb der Partnerländer Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien zu verkaufe – abgesehen von einer handvoll Eurofighter an Österreich (eine überraschende Entscheidung, die wohl nicht aus verteidigungspolitischen Gründen getroffen wurde)", berichtet Star-Kolumnist Matthew Parris in der Londoner "Times" vom 13. Juli 2002.

Das durch die Bundesregierung präferierte Kriegsgerät vom Typ "Eurofighter" ist die kostenintensivste Variante im Vergleich zu allen anderen Mitbietern.

Der PR-Auftrag in Höhe von kolportierten 850.000 Euro des EADS-Konsortiums wurde großteils vom Werbeunternehmen des Ex-FPÖ-Geschäftsführer Gernot Rumpold und dessen Frau durchgeführt. Dieser stellte gegenüber der Öffentlichkeit klar, dass "wenn man in Österreich nicht mit einem Geldkoffer auftauche, gar nichts klappe", und verglich die österreichischen Strukturen mit jenen von Uganda.

Begründet wurde die Entscheidung für den Eurofighter Typhoon mit dem vom EADS-Konsortium angebotenen Gegengeschäften, wobei diesbezüglich festgehalten werden muss, dass von den angekündigten 90 Projekten erst 18 Projekte konkretisiert werden konnten. Unklar ist hiebei, ob diese Geschäfte überhaupt vom Eurofighter-Ankauf abhängig sind. Während die Bieter in Inseraten Details ihrer Kompensationsgeschäfte beworben haben bzw. die Kompensationsgeschäfte der Mitbewerber kritisierten, erstatteten die verantwortlichen Bundesminister dem National- und Bundesrat in unakzeptabler Berufung auf Amtsverschwiegenheit und Geschäftsgeheimnisse keinerlei entsprechenden Informationen. Auch eine von Wirtschaftsminister Bartenstein angekündigte Auflistung der Gegengeschäfte wurde bisher nicht publiziert.

Das durch die Gegengeschäfte meistbegünstigte Unternehmen, der Magna-Konzern, war der frühere Arbeitgeber von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, diesem ist auch ein Rückkehrrecht zu seinem früheren Arbeitgeber eingeräumt. Auch wurde bekannt, dass sich der Ehegatte von Vizekanzlerin Riess-Passer, Michael Passer, in Vertragsverhandlungen über einen Konsulentenvertrag mit dem Magna-Konzern befindet.

Am 12. 7. 2002 erstattete ein unbekannter Anzeiger eine Sachverhaltsdarstellung betreffend Beschaffungsvorgang "Abfangjäger" an die Staatsanwaltschaft Wien. Der Anzeiger äußert den dringenden Verdacht der organisierten Wirtschaftskriminalität und verweist "auf im Ministerium vorliegende Dokumente". Derzeit ist eine Prüfung dieser Sachverhaltsdarstellung, die von einem Gesamtschaden für die Republik von 640 Millionen Euro ausgeht, durch die StA anhängig.

Auffällig an dem Beschaffungsvorgang ist auch, dass die Typenentscheidung immer wieder aus nicht transparenten Gründen verschoben wurde. Bekannt wurde jedoch, dass es wie bei der Beschaffung von Radargeräten der Firma Thomson zur Intervention gekommen ist. Bisher blieb die Tatsache unbestritten, dass der CSU-Kanzlerkandidat Stoiber sich an Bundeskanzler Schüssel gewandt hat, um für das Produkt Eurofighter zu intervenieren.

Die Achse bayrische CSU und ÖVP war auch Gegenstand einiger Untersuchungsausschussanträge betreffend eventueller Zahlungen von "nützlichen Aufwendungen" im Zusammenhang mit der Beschaffung von militärischem Gerät, die jedoch bisher von der FPÖ/ÖVP-Mehrheit abgelehnt wurden.

Dem damaligen Wirtschaftsminister und heutigen Bundeskanzler Dr. Schüssel wird in diesem Zusammenhang die Anbahnung des Lieferauftrages über Radaranlagen durch die Firma Thomson samt einer entsprechenden Vorreihung vorgeworfen. Schüssel, der auch die maßgeblichen Entscheidungen hinsichtlich des Eurofighterankaufs traf, wurde von Thomson Lobbyist


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