Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 10

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Man kann eine unterschiedliche Sichtweise der Realität haben. Ich verstehe, dass die Regierung das anders sieht als manche Betroffene. Man kann auch bei unterschiedlichen Problemen zu unterschiedlichen Problemlösungen kommen – auch das ist legitim. Wenn wir aber in Österreich über die steigende Arbeitslosigkeit, die soziale Kälte und die Verminderung von Chancen reden und dem Herrn Bundeskanzler in einem "FORMAT"-Interview dazu nichts Besseres einfällt, als zu sagen, diese Mickymaus-Themen würden ihn nicht interessieren, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das ein Ausdruck von machtpolitischer Arroganz und nicht von Menschennähe. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Überhaupt haben Sie sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren mehr damit beschäftigt, Posten zu verteilen, als sich um die Probleme der Menschen in unserem Land zu kümmern. Erinnern Sie sich nur an Folgendes: Die gesamte Regierungspolitik war Wochen und Monate hindurch dadurch blockiert, dass es das Hauptanliegen der schwarz-blauen Regierung war, dem Ex-Abgeordneten Gaugg einen Posten in der Pensionsversicherung zu verschaffen.

Sie haben sich nicht darum gekümmert, was man für die Pensionisten machen kann, sondern Sie haben sich nur darum gekümmert, wie Sie Herrn Gaugg versorgen können. Und das war charakteristisch für Ihre Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Da wir schon bei den Pensionen sind: Was ist die Bilanz Ihrer Pensionspolitik? (Ruf bei den Freiheitlichen: Meinen Sie die vom Vranitzky oder ...? – Abg. Wenitsch: Die vom Klima! 2 Millionen €!) Ich meine Ihre Pensionspolitik, Herr Abgeordneter. Sie haben – teilweise gegen deren Willen – höhere Beamte im öffentlichen Dienst mit 55 Jahren nach Hause geschickt, und gleichzeitig haben Sie zu den Arbeitern und Angestellten gesagt, sie müssen bis zum Alter von 61,5 Jahren arbeiten – egal, ob das ein Bauarbeiter, ein Metallarbeiter oder ein Angestellter in einem Betrieb ist.

Wissen Sie, was die Konsequenz Ihrer Politik ist? – Im Jahre 2002 wechselt nur mehr jeder zweite Arbeitnehmer direkt von seinem Arbeitsplatz in die Pension. Die andere Hälfte wechselt direkt von der Arbeitslosigkeit, von der Notstandshilfe oder von der Sozialhilfe in die Pension. (Ruf: 30 Jahre Zeit gehabt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So kann ein gutes Land für die Österreicherinnen und Österreicher nicht aussehen, dass am Ende eines harten Berufslebens bereits 50 Prozent derjenigen, die in Pension gehen, entweder arbeitslos sind, Notstandshilfe oder Sozialhilfe beziehen! Das ist nicht menschenwürdig, das ist eine ungerechte Pensionspolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat gestern in seiner Rede gesagt, die Wirtschaftsforscher hätten im vergangenen Jahr die Wirtschaftsaussichten "zu positiv" eingeschätzt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, erinnern Sie sich, was vor einem Jahr war? – Nicht nur die Opposition im Parlament, nicht nur internationale Studien, sondern auch die Wirtschaftsforscher haben uns mitgeteilt, dass die Wirtschaftslage schlechter wird. – Aber die Reaktion des Bundeskanzlers darauf war nicht, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, damit Schaden vom österreichischen Arbeitsmarkt abgewendet werden kann, nein, er hat das Gegenteil gemacht: Der Bundeskanzler hat all jene Wirtschaftsforscher, die vor einer Verschlechterung der Lage gewarnt haben, in aller Öffentlichkeit verunglimpft, hat ihnen die Glaubwürdigkeit abgesprochen und gesagt, diese würden das Land nur schlecht machen.

Ich sage Ihnen heute: Es wäre bedeutend besser gewesen, auf den Rat der Experten zu hören und etwas gegen die Wirtschaftskrise zu unternehmen, als in arroganter Weise die Experten zu beschimpfen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gute Politik zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass Warnsignale ernst genommen werden und rechtzeitig etwas unternommen wird, um Schaden von Österreich und von der österreichischen Bevölkerung abzuwenden. (Abg. Jung: Warum haben Sie dann nicht rechtzeitig gespart, Herr


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