Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 117. Sitzung / Seite 24

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Ihre Rede, Herr Klubobmann Schweitzer, war ein Beispiel dafür, wie man miteinander nicht umgehen soll. Viele Menschen verstehen überhaupt nicht, warum Politiker – und damit sind vor allem Vertreter der FPÖ-Fraktion gemeint – mit anderen Menschen in einer Weise umgehen, in welcher sie in einem normalen Umgang nie miteinander sprechen würden. Ich finde, dass das eine Verrohung der politischen Kultur ist. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben diesen politischen Streit beziehungsweise diese politische Streitkultur auf die Spitze getrieben, und zwar letztendlich dann auch in Ihrer eigenen Partei. Wir wollen, dass es da einen Wechsel gibt und dass das grundsätzliche Prinzip sowohl gegenüber den Bürgerinnen als auch hier in diesem Hohen Haus ein Prinzip des Respekts und des seriösen Umgangs miteinander ist. Wir wollen einen Politikwechsel nicht nur vom Inhalt her, sondern auch vom Stil her. (Abg. Dr. Pumberger: Wer Grün wählt, der wählt Gusenbauer!)

Das Zweite, was mir sehr wichtig ist, ist Folgendes: Ich glaube, dass vor allem junge Menschen darunter leiden, dass unverständlich ist, was wirklich die politischen Leitlinien sind, und dass stattdessen sehr viel Aggressivität in der Politik vorhanden ist. Das führt mittelfristig zur Politikverdrossenheit und zu einer Schwächung der Demokratie. Ich glaube aber, dass wir gerade jetzt auch den jungen Leuten schuldig sind, da einen anderen Weg einzuschlagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und Gegenrufe bei den Grünen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Vielleicht kann man für ein bisschen Ruhe sorgen! (Abg. Großruck: Scheinheiligkeit!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Großruck, bitte, bitte, bitte! (Abg. Großruck: Scheinheiligkeit! Das ist scheinheilig!) So reden wir nicht miteinander! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Abgeordnete, setzen Sie bitte fort!

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir brauchen mehr Unabhängigkeit in der Politik. Gerade die ÖVP muss sich fragen, die jetzt über Jahrzehnte hinweg extrem viele Machtpositionen in dieser Republik besetzt hat, ob sie noch eine unabhängige Partei ist. Ich spreche jetzt nicht nur von Positionen, die von Parteien besetzt werden, wie zum Beispiel Positionen von Landeshauptleuten, die in manchen Länder schon über hundert Jahre von derselben Partei besetzt werden, zum Beispiel in Vorarlberg (Abg. Mag. Kukacka: Stellen Sie die Demokratie in Frage! Das ist doch absurd! Das ist total absurd!), sondern ich meine vor allem all die parteinahen und staatlichen Institutionen, die Sie über Jahre hinweg mit Vertretern Ihrer Fraktion besetzt haben. Ich möchte, dass das in Österreich ein Ende nimmt. Sie sollten sehr stark überdenken, ob diese Proporzpolitik in Zukunft noch fortgesetzt werden soll oder nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grünen wollen mehr Unabhängigkeit und mehr Kompetenz in Sachfragen. Wir haben in Österreich jetzt sieben Ministerwechsel hinter uns gebracht. In Wirklichkeit waren es neun, denn zwei sind vom Bundespräsidenten erst gar nicht angelobt worden. (Abg. Dr. Pumberger: Wie viele waren es in Deutschland?) Viele waren restlos überfordert. Es ist bei manchen Inkompetenz zutage getreten, und das ist im Grunde genommen ein Nicht-ernst-Nehmen der politischen Verantwortung, die mit so etwas einhergeht. (Abg. Kiss: Die Arroganz der Jugend spricht aus Ihnen!) Kompetenz in Sachfragen und Seriosität bei der Problemlösung sind etwas, was wir in Zukunft dringend brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Das Dritte, was mir wichtig ist, ist Menschenorientierung statt Lobby-Orientierung. Wenn man sich die Belastungswelle dieser Regierung ansieht, dann kann man ein sehr deutliches Ungleichgewicht erkennen. Beispiele: Studiengebühren, Unfallrentenbesteuerung, Ambulanzgebühren. Im Wesentlichen haben wir uns in den letzten zweieinhalb Jahren bei der Steuerreform schon in Richtung einer Flat tax entwickelt, die der Herr Kollege Prinzhorn immer wieder eingefordert hat. Es ist von der Seite der Umverteilung her seither völlig in die falsche Richtung gegangen. Den großen Teil der Steuererhöhungen haben die Bezieher der kleinen und untersten Einkommen gezahlt, was für diese überproportional belastend war, nämlich die gesamte Anhebung der Massensteuern.


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