Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 34

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Konsens ist angesagt. In der vergangenen Gesetzgebungsperiode haben wir 42 Prozent aller Ge­setze im Konsens beschlossen; in der vorvorgehenden Legislaturperiode waren es nur 29 Prozent. Ich werde mich bemühen – ich bin acht Jahre lang in die Schule von Heinz Fischer ge­gan­gen –, in der Präsidialkonferenz, dem Ort, den ich Konsensschmiede nenne, den Kon­sens herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Was die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten anlangt, so hat ja be­reits Heinz Fischer erzählt, wie das einmal war. Als ich hier ins Hohe Haus gekommen bin, war alles, was ein Abgeordneter hatte, ein Postfach – und sonst nichts! In der Zeit, in der Heinz Fi­scher das Präsidium geleitet hat, in der Heinz Fischer Präsident des Nationalrates war, hat sich da unendlich viel verbessert. Ganze Generationensprünge haben da sozusagen stattge­funden – und ich werde mich bemühen, das in diesem Geiste weiter zu gestalten.

Auch die Vertretung des Nationalrates nach außen hin ist eine große Aufgabe: eben im Zuge des Zusammenwachsens Europas, im Zuge der Wiedervereinigung mit vielen Ländern, mit de­nen wir uns einmal in einem gemeinsamen Staatsverband befanden.

Sehr bald wird es nicht mehr nur ein „Haus am Ring“ geben, sondern „Häuser am Ring“ – auch das eine Errungenschaft der letzten Arbeiten. Ich möchte diese „Häuser am Ring“ als offene Häu­ser für das, was Kunst, was Literatur, was Wissenschaft, was Diskussion ist, mit Ihnen zusammen weiter ausgestalten und zu einem Ort der Bürgergesellschaft machen, an dem die vielen Freiwilligenorganisationen, die vielen Freiwilligen, die mehr als ihre Pflicht tun, auch mit den Vertretern der gesetzgebenden Körperschaften zusammentreffen können.

Lassen Sie mich bitte kurz meine Zielsetzungen in diesem hohen Amt skizzieren. Ich bin ein überzeugter Europäer, ich war Schüler von Felix Ermacora, den viele von Ihnen noch als Abge­ordneten hier gekannt haben, und daher werde ich mit allem Nachdruck den Europa-Konvent und das Arbeiten an einer europäischen Verfassung unterstützen.

Als Tiroler bin ich überzeugter Föderalist, und daher ist es mir ein Anliegen, mit dem Bundesrat und mit den Landtagen zusammenzuarbeiten, die ich als wichtige Orte der Demokratie nach wie vor in ihrem Bestand als unerlässlich und unersetzlich erachte: Ebenso ist es mir ein Anliegen, mit den Bundesländern zusammenzuarbeiten, denn Österreich ist die Summe seiner neun Bun­desländer.

Als Südtiroler darf ich Ihnen auch sagen, dass ich eine einzige Bitte an das Hohe Haus habe: dass man mir den Vorsitz im Südtirol-Unterausschuss belässt, jenen Vorsitz, den ich viele Le­gislaturperioden hindurch ausüben durfte – ein Ausschuss, mit dem unsere Verbundenheit zu Südtirol unter Beweis gestellt wird.

Heute hat Mag. Haupt von den Hütern der Verfassung gesprochen. Das Präsidium ist ein Hüter der Verfassung; der Herr Bundespräsident – den ich respektvoll begrüße – ist ein anderer Hüter der Verfassung; weitere sind unsere Höchstgerichte. Ich meine, dass wir auch als Hüter der Ver­fassung in diesem Haus den Gedanken, den ein steirischer Bundesrat, nämlich Herwig Hö­sele, das erste Mal in die Debatte gebracht hat, aufgreifen sollten – Alfred Gusenbauer hat diesen Gedanken in der Wahldebatte aufgegriffen, Franz Fiedler hat diesen unterstützt –, dass wir eben einen Österreich-Konvent zur Durchsicht unserer Verfassungsentwicklung initiieren und unterstützen sollten.

Ich habe bereits von den „Häusern am Ring“ gesprochen und auch das Palais Epstein erwähnt. Ich meine, dass es all unser Trachten sein sollte, ein „Haus der Geschichte“ in Wien von den Ge­danken zur Tat werden zu lassen; nicht im Palais Epstein – dieses wird im Konsens aller Fraktionen für parlamentarische Zwecke genützt –, aber ich meine, dass wir im Zusammenhang mit dem Anliegen „Haus der Geschichte“, von dem wir so viel gesprochen haben und worüber sich alle Fraktionen einig sind, von den Worten nun zur Tat kommen sollten.

Meine Damen und Herren! Ich lade alle Abgeordneten ein, ihre Anliegen, ihre Wünsche, Anre­gungen und Beschwerden ganz offen an mich heranzutragen; ich wäre dafür sehr dankbar. Jo­sef Cap, du hast heute gesagt, du bist sozusagen der „Ombudsmann der Neugewählten“; du


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite