Die Beitrittsverhandlungen selbst haben für uns,
glaube ich, ein gutes Ergebnis gebracht. Ich glaube, dass auch die Bevölkerung
in den Kandidatenländern das ähnlich sieht, und ich wünsche mir und uns, dass
die notwendigen Volksabstimmungen auch mit deutlicher Mehrheit positiv
ausgehen werden.
Ich sage das nicht nur, weil wir nachbarschaftliche,
gute Gefühle haben, sondern auch, weil diese Vereinigung Europas in unserem
ureigensten Interesse liegt. Sie ist ein wichtiger Beitrag zu Frieden und Stabilität, gerade in
unserer Zone Europas, wo es Krieg, Gewalt, Vertreibungen, Enteignungen gegeben
hat. Sie ist ein wichtiger Beitrag zur inneren Sicherheit. Denken Sie nur
daran, dass die Bekämpfung von grenzüberschreitenden Risken, gegen die sich
heute kein Nationalstaat mehr alleine wappnen kann – organisierte
Kriminalität, Geldwäsche, Drogen- oder Menschenhandel –, viel besser
international und europäisch koordiniert werden kann! Die beitretenden Länder
gehören nicht gleich der Schengen-Zone an, aber sie arbeiten sehr engagiert
darauf hin, dass sie so bald wie möglich dieser inneren Zone der Sicherheit
angehören können.
Für uns von Anfang an ein ganz wichtiges Thema war die
Umweltqualität. Ich darf daran erinnern, dass jetzt mit der Übernahme der
EU-Standards in diesen Kandidatenländern an die 100 Milliarden €
investiert werden müssen, um die Wirtschaften und die diversen umweltverschmutzenden
oder -belastenden Einrichtungen auf ein saubereres, europäisches Niveau zu bringen.
Ich bin ganz sicher, dass mit dem Umweltcluster, den wir in der Wirtschaft
aufgebaut haben, auch die österreichische Wirtschaft dabei eine exzellente
Chance haben wird.
In der Wirtschaft ist es für uns besonders wichtig zu
sehen, dass wir als kleineres Land im Herzen Europas, mit einem Anteil von 2 Prozent
an der EU-Bevölkerung, jetzt schon 8 Prozent des Handelsvolumens der
Europäischen Union haben und dass wir damit auch einen Teil der Wachstumsgewinne
oder der Wachstumsvorteile unserer Nachbarländer für uns nutzen können. Die
realen Wachstumsraten liegen in den Kandidatenländern rings um uns zwischen 3,5
und 4 Prozent, sodass dies auch für uns eine Arbeitsplatz- und eine
Gesamtwirtschaftschance sein wird.
Sehr heftig umstritten waren bis zum Rat von
Kopenhagen die Finanzströme. Die Einigung kostet uns insgesamt für ganz Europa
40,9 Milliarden €, kumuliert bis zum Jahre 2006. Das heißt, wir
liegen damit, und zwar ungefähr mit 1,75 Milliarden €, unter den Beschlüssen
von Berlin, obwohl wir damals ja nur sechs Länder aufnehmen wollten, heute
aber zehn aufgenommen haben. Die Nettokosten für die heutigen
15 EU-Mitgliedsländer liegen bei knapp über 10 Milliarden €. –
Allein der Mitgliedsbeitrag der neuen Kandidaten macht
15 Milliarden € aus! – Ich sage das, damit man hier auch ein
wenig die Relation sieht.
Die „Herald Tribune“ hat in diesen Tagen in einem sehr
interessanten Leitartikel geschrieben, dass die Erweiterung für Europa und für
die heutigen EU-15 eigentlich ein sehr gutes Geschäft ist, eine der besten
Investitionen in unsere eigene Zukunft. Wir haben uns ausgerechnet, dass wir in
den nächsten drei Jahren, ab 2004, 570 Millionen € investieren
werden, das sind für jeden Österreicher 25 €.
Interessant ist, dass die neuen Kandidatenländer dabei
nicht zu den gleichen
Bedingungen einsteigen wie die heute bestehenden Mitglieder. Griechenland
erhält pro Kopf etwa 437 € pro Jahr, Spanien etwa 126 €, Slowenien
41 €, Ungarn 49 €, Polen 67 € und die Tschechen sogar nur
29 €. Dass wir daneben noch erreicht haben, dass wir die Agrarausgaben bis
zum Jahr 2013 stabilisiert haben, und damit eine Kostenexplosion auf der
einen Seite, aber auch eine Verunsicherung der heimischen Landwirtschaft auf
der anderen Seite verhindert haben, ist wichtig und ist, glaube ich, auch ein
Element dieser positiven Beschlüsse von Kopenhagen.
Österreich hat sich, genauso wie Deutschland, massiv
dafür eingesetzt, dass wir für eine Übergangsfrist von sieben Jahren unseren
Arbeitsmarkt kontrollieren können, und zwar selbst kontrollieren können. Das
wurde von allen akzeptiert. Die Frage, ob wir diese Frist zur Gänze ausschöpfen
oder nicht, wird sehr wohl davon abhängen, wie sich bei uns die Arbeitsmarktentwicklung
abzeichnet. Jetzt wäre es zu früh, darüber ein endgültiges Urteil zu treffen.
Aber es ist unsere
Entscheidung, und das ist, glaube ich, eine sehr vernünftige Sache gewesen.