Ich glaube, es wäre gut, würden wir die bisherigen
Pressemeldungen, die es dazu gegeben hat, der vergangenen Legislaturperiode
zuschreiben und heute neu beginnen. Meine
Bitte und mein Angebot an alle Fraktionen dieses Hauses ist: Setzen wir uns gemeinsam für die Ziele Österreichs
ein! – Danke schön. (Beifall bei der
ÖVP.)
13.59
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Verzeihung, zuerst gelangt der Herr Bundeskanzler zu
Wort.
14.00
Bundeskanzler Dr.
Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Ich
darf mich zwischen Michael Spindelegger und Karl Schweitzer hineindrängen und
zu diesem sehr wichtigen Thema Stellung nehmen. Ich danke den beiden Fraktionen
von ÖVP und FPÖ dafür, dass damit auch das Hohe Haus und indirekt auch die
Öffentlichkeit die Möglichkeit bekommt, einen Bericht über den Europäischen Rat
von Kopenhagen zu erhalten. Dies ist ja ein wesentliches Thema, das unsere
Zukunft in den nächsten Jahren massiv beeinflussen wird, und daher ist es auch
klug und richtig, dass wir an diesem ersten Tag der Konstituierung auch über
diese Herausforderung für unsere Zukunft reden können.
Der Europäische Rat in Kopenhagen, der vor einer Woche
stattgefunden hat, hat etwas zustande gebracht, was viele von uns durch
Jahre, um nicht zu sagen, Jahrzehnte, erhofft haben. Ich habe heute auf der
Besuchergalerie Alois Mock, unseren früheren Außenminister und Vizekanzler,
gesehen, und ich werde nie vergessen, wie er schon 1994, als wir unsere
Beitrittsverhandlungen abgeschlossen hatten, den zwölf EU- oder
EG-Mitgliedstaaten gesagt hat: Vergesst mir nicht die kommende
Erweiterungsrunde um Mittel- und Osteuropa! – Dr. Mock hat das angekündigt,
er hat das vorausgeahnt zu einem Zeitpunkt, als wenige daran geglaubt haben,
dass das überhaupt möglich sein wird. Ich hatte die Ehre, als Außenminister im
Herbst 1998 die Verhandlungen beginnen zu können, die jetzt in Kopenhagen
unter der dänischen Vorsitzführung zu Ende gegangen sind, und auf der Akropolis
wird in wenigen Wochen, im April, dieses historische Dokument der
Wiedervereinigung Mitteleuropas unterzeichnet werden.
Es hat auch in der Vergangenheit unzählige Versuche
gegeben, Europa zu einigen. Aber das waren eigentlich alles Versuche, eine
Einigung des Kontinents von oben, meist mit Gewalt, durch Hegemonie zustande zu
bringen. Der Unterschied zu damals ist der, dass eine solche Vereinigung des
Kontinents zum ersten Mal in der Geschichte Europas überhaupt in Freiheit, in
demokratischer Zustimmung – denn es braucht ja Volksabstimmungen in den
Beitrittsländern – und durch freiwillige Verhandlung jetzt möglich wird.
Das gibt für Europa, aber auch für Österreich, wie ich
glaube, eine glänzende Perspektive. Man kann durchaus Probleme dabei sehen,
aber man darf die historische Chance, die diese Möglichkeit eröffnet, nicht
gering achten.
Ich möchte an dieser Stelle den früheren Vorsitzen,
nicht nur Dänemark, sondern auch allen anderen, die hiezu die ersten Schritte
gesetzt oder das Projekt weitergeführt haben, danken. Ich möchte der
Europäischen Kommission, die ja die Hauptlast der Verhandlungen zu tragen
hatte, gratulieren. Romano Prodi, von Anfang an ein wirklicher,
entschlossener Befürworter dieses Wiedervereinigungsprojekts, Günter Verheugen,
der zuständige Kommissar, und auch – das sage ich nicht ohne Stolz –
der Österreicher Franz Fischler haben in den entscheidenden Fragen, etwa in
der Landwirtschaft, eine ganz wichtige Rolle gespielt und damit den Weg für
diese Einigung in Kopenhagen mit bereitet. Danke an alle, die daran mitgewirkt
haben!
Zugleich gilt unser Dank aber auch der Bevölkerung in
den Ländern Mittel- und Osteuropas, in den baltischen Ländern, die zum Teil
unter großen Opfern, mit Widerstand gegenüber dem früheren Hegemon bewiesen
hat, dass sie sich den Weg nach Europa freikämpfen kann und will: den
Tschechen, den Polen, den Ungarn und so weiter. Das Modell der Zivilcourage in
dieser Bevölkerung sollte für uns jedenfalls Vorbild sein und nicht vergessen
werden in einem Moment, in dem man sich anlässlich des Europäischen Rates in
Kopenhagen mit diesem Projekt auseinander setzt.