Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 47

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Wir haben uns massiv – Michael Spindelegger hat darauf hingewiesen – gemeinsam in einem weit­gehenden Parteienkonsens für die atomare Sicherheit eingesetzt, weil durch den Beitritts­pro­zess erstmals die Möglichkeit bestand, dass wir unsichere Kernkraftwerke in unserer Nach­bar­schaft stilllegen oder jedenfalls sicherheitsmäßig aufrüsten können. Es werden drei Kern­kraftwerke überhaupt zugesperrt: Ignalina und Bohunice stehen bereits außer Streit – die betref­fen­den Länder sind ja schon Beitrittskandidaten –, und gestern hat, wie ich mit großer Freude gehört habe, die bulgarische Regierung beschlossen, dass auch Kozloduj, genauso, wie es vereinbart gewesen ist, stillgelegt wird, was den Bulgaren große Opfer abverlangt; aber es ist ein Beitrag zu einer vernünftigen Atomsicherheitspolitik innerhalb Europas.

Was Temelin betrifft, so haben wir darum gerungen. Temelin war nicht auf der Liste der zu schlie­­ßenden Kernkraftwerke – das haben die Kommission und die anderen Länder nie akzep­tiert –, sondern es ist ein jetzt erst in Betrieb gehendes Kernkraftwerk. Hier haben wir mit Hilfe der Mediation der Kommission erreicht, dass es einen bilateralen Vertrag, völkerrechtlich bin­dend, für Tschechien und Österreich gibt. Wir wollten im Einvernehmen mit Prag und mit der Kom­mission diesen Melker Vertrag als ein Protokoll dem Beitrittsakt beilegen und damit bis zum Europäischen Gerichtshof einklagbar machen.

Der letzte Punkt wurde nicht erreicht, und zwar nicht, weil die Tschechen sich quergelegt ha­ben, ganz im Gegenteil: Die sind zu ihrem Wort gestanden, und ich möchte das hier auch aus­drücklich festhalten. Prag hat sich in dieser Phase erstklassig verhalten und hat wirklich gut mit uns zusammengearbeitet. Der neue Ministerpräsident Špidla und Außenminister Svoboda ha­ben sehr eng und vertrauensvoll mit uns kooperiert. – Es haben vielmehr drei EU-Mit­glieds­län­der, die selbst Atomkraftwerke haben, verhindert, dass wir damit quasi durch die Hintertür ein Ge­meinschaftsrecht für Atomkraftwerke bekommen – ein Anliegen, das wir, glaube ich, gemein­sam vertreten, bezüglich dessen die Kommission auf unserer Seite ist und jetzt auch schon die ersten Vorschläge vorgelegt hat.

Dennoch haben wir erreicht, dass die Melker Konklusionen dem Beitrittsvertrag als Annex ange­fügt werden – nicht als Protokoll, aber als bilaterale Erklärung – und dass der Europäische Rat die­sen Vertrag positiv zur Kenntnis genommen und begrüßt hat und letztlich auch seine um­gehende Umsetzung erwartet.

Am schwierigsten für uns war die Transitfrage. Ich habe der Präsidialkonferenz hiezu einen ge­nauen Bericht erstattet, und ich möchte diese Dinge auch hier sehr realistisch beschreiben, um auch der Opposition, die das sehr kritisch sieht, meine Sicht der Dinge darzulegen und sie da­mit auch der Öffentlichkeit bekannt zu geben.

Als wir vor drei Jahren begonnen haben, hatten wir nichts an Vorarbeit oder an Zusagen für eine Verlängerung des Transitvertrages. Ich sage das hier, ohne jemanden zu beschuldigen. Es war völlig klar, dass mit dem Ende des Jahres 2003 die seinerzeit bei unserem Beitrittsvertrag aus­gehandelte Transitlösung ersatzlos auslaufen wird. Ich möchte sehr dafür danken, dass Mathias Reichhold, der Infrastrukturminister, aber ebenso auch die Außenministerin ein uner­müd­li­ches Lobbying betrieben haben, um den Boden dafür aufzubereiten, dass wir bei den an­de­ren 14 Mitgliedstaaten Verständnis dafür finden, dass es eine Verlängerung dieser Öko­punkte-, dieser Transitregelungen geben muss.

Wir haben das zum ersten Mal in Laeken, in den Schlussfolgerungen des vorjährigen Euro­päischen Rates, verankern können. Der Infrastrukturminister hat mir eine Liste gegeben, aus der hervorgeht, dass er allein in diesem Jahr bei 40 internationalen Begegnungen Lobbying für die­­ses wichtige Anliegen betrieben hat. Die Vizekanzlerin war gemeinsam mit der Außenminis­te­rin zu einem bilateralen Treffen in Italien. Der Herr Bundespräsident war im Herbst dieses Jahres auf Staatsbesuch. Ich habe es mir sogar mitgenommen, um es Ihnen zu zeigen (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe): Es ist am 25. September dieses Jahres von Lunardi und Reichhold unterschrieben worden – unterschrieben vom italienischen Verkehrsminister, je­de Seite, wie man das bei einem internationalen Vertrag macht –, dass der Kommissions­vor­schlag, den wir in Laeken erbeten haben und der wenige Tage später vorgelegt wird, auch wirklich genehmigt wird.

 


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