Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 65

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lungsstrategie und das Versagen Österreichs in zwei zentralen Existenzfragen wirklich ganz betrüblich, bedauerlich, für mich sogar verheerend.

Die zwei Existenzfragen, die zwei Lebensfragen sind einerseits der Verkehr, andererseits der Atom­bereich. Was das Letztere betrifft, möchte ich Sie, Herr Bundeskanzler, mit Ihren persön­li­chen Aussagen konfrontieren, die Sie vor einem Jahr, nämlich am 12. Dezember, hier in diesem Haus gemacht haben. Da ging es nämlich darum, noch einmal festzuhalten, inwieweit Öster­reich durch den Melker Prozess, durch den Brüsseler Vertrag in der atompolitischen Frage ein neues Reglement geschaffen hat, das hält und das die Existenzsicherheit der Österreicher und Österreicherinnen, vor allem der OberösterreicherInnen, auch wirklich berücksichtigt.

Herr Bundeskanzler! Was haben Sie damals gesagt? – Ich zitiere im Folgenden den Original­wort­laut von Dr. Schüssel:

„Wir haben durchgesetzt, dass die Schlussfolgerungen als Protokoll in die Beitrittsakte aufge­nom­men werden ..., und damit haben wir ab dem Beitritt Tschechiens praktisch ein neues Pri­märrecht ...“

Das stellten Sie hier vor einem Jahr als Tatsache in den Raum! – Ebenfalls am 12. Dezember 2001, in der 87. Sitzung, sagten Sie:

Diese Einklagbarkeit „ist nur deshalb gegeben, weil wir sichergestellt haben, dass es in die Beitrittsakte aufgenommen wird und daher dann nach dem Beitritt auch wirklich bis zum Euro­päischen Gerichtshof gehen kann.“

Das haben Sie gesagt: Es ist sichergestellt, dass wir bis zum Europäischen Gerichtshof gehen kön­nen. – Eine Seite weiter ist in diesem Protokoll zu lesen, dass Sie festgehalten haben:

„Damit wird der Beitrittsvertrag sämtliche von Tschechien bilateral übernommene Ver­pflich­tungen in Bezug auf das Kernkraftwerk Temelín enthalten.“

Das haben Sie hier versichert, schwarz auf weiß ist es nachzulesen. Und Sie setzten noch eines drauf, Sie haben nämlich noch formuliert:

„Und damit pickt’s, und das ist wichtig!“ – Originalzitat Schüssel.

Herr Bundeskanzler! Mit diesen Äußerungen hier vor diesem Hohen Haus haben Sie sich an­gesichts der heutigen Lage ein Jahr später wirklich völlig deklassiert. Wer kann noch darauf ver­trau­en, dass das, was Sie sagen, stimmt? Wer kann noch darauf vertrauen, dass die Posi­tio­nen, die Sie hier in diesem Haus vorgeben, dann wirklich eingehalten werden? Wer kann in Ös­ter­reich noch darauf vertrauen, dass bei Beitrittsverhandlungen das, was ein Jahr lang vorher hier versprochen worden ist, wirklich umgesetzt wird? – Niemand angesichts der jetzigen, an­gesichts der heutigen Situation am 20. Dezember!

Herr Bundeskanzler! Damit haben Sie wirklich ein Maximum an Glaubwürdigkeit verspielt. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich bin neugierig, Herr Bundeskanzler, wie Sie noch ansatzweise das Ruder herumreißen wollen. Sie wissen genau, die Veto-Karte sticht nicht. Sie wissen genau, die Hausaufgaben haben wir nicht erledigt, weder im Transitbereich noch im atompolitischen Bereich. Wir haben bis jetzt keine LKW-Maut, die angekündigte ist viel zu niedrig. Wir haben bis jetzt in Österreich nicht das Verbot von Atomstromimport. Wir haben nach wie vor unsere Hausaufgaben auch in anderen Bereichen, was EURATOM-Gelder und die Ver­wendung von EURATOM-Geldern anlangt, nicht erledigt. Und mit diesen unerledigten Haus­auf­gaben wollen Sie dann in Brüssel bei den abschließenden Beitrittsverhandlungen noch einen Stich machen?! Das möchte ich wissen, wie das gehen soll, daran zweifle ich!

Die Bilanz ist klar: Sie haben versagt, Ihren Nimbus als Verhandlungskünstler auf jeden Fall ein­ge­büßt und leider auch die österreichischen Lebensinteressen links liegen gelassen! (Beifall bei den Grünen.)

15.28


 


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