Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 43

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Sie wollen zum Beispiel eine arbeits- und sozialrechtliche Absicherung der Pflegenden. – Na gut, schön, aber nicht auf Kosten des Pflegegeldes! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das Pflege­geld ist seinerzeit geschaffen worden, damit es den Behinderten besser geht, und zwar sollten die Behinderten und ihre Familienangehörigen oder ihre Betreuer bestimmen, wie sie sich das Leben erleichtern und verbessern können. All die Behinderten, Behindertenvereine et cetera brauchen Ihre Maßnahmen, mit denen Sie diesbezüglich Eingriffe vornehmen wollen, nicht, Frau Abgeordnete Lapp! Das möchte ich Ihnen hier wirklich ganz deutlich sagen.

Aber dieses ständige Zugreifenwollen auf das Pflegegeld durch die Sozialdemokratie ist ja schon Geschichte. (Abg. Mag. Wurm: Wer hat es eingeführt?) – Schütteln Sie nicht den Kopf! Lesen Sie lieber die alten Pressedienste! – Der frühere Wiener Vizebürgermeister Mayr, der jetzige Finanzstadtrat Rieder – wissen Sie, was die gefordert haben? – Sie haben anstelle des Pflegegeldes für die Behinderten nur Sachleistungen und einen Pflegescheck – also nicht das Pflegegeld zur freien Verfügung der Behinderten – gefordert. Das haben Ihre sozialdemokrati­schen Freunde immer gefordert, und Sie liegen auf derselben Linie!

Ich kann mich erinnern, es hat im Parlament auch eine Debatte darüber gegeben. Ich glaube, Frau Reitsamer war damals Sozialsprecherin. Da wollten Sie mit dem Geld der Behinderten Frauenarbeitsplätze schaffen, indem Sie gesagt haben, die Behinderten müssen mit ihrem Pflegegeld Sachleistungen, nämlich Arbeitsplätze einkaufen. Schaffen Sie Arbeitsplätze für Frauen – ich bin wirklich dafür –, aber nicht auf Kosten der Behinderten, Frau Abgeordnete! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das, was Sie machen, ist wirklich eine Weichenstellung in die falsche Richtung.

Ich bin der Meinung, dass die Behinderten das Pflegegeld, das sie sich durch zwanzig Jahre er­stritten haben, weiterhin zur freien Verfügung bekommen sollen, und nicht, dass sozialdemokra­tische Eingriffe in das Pflegegeld gefördert werden sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Das haben die Sozialdemokraten eingeführt!)

11.29


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

11.29


Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kurz vorab eine Stellungnahme zum Pflegegeld beziehungsweise zur Idee, die im Raum steht, es durch Leistungsschecks zu ersetzen. Dazu kommt auch von unserer Seite ein ganz klares Nein! Wir bitten Sie wirklich, zu bedenken, dass das eine Entmündigung all jener ist, die leistungs­berechtigt sind. So kann man mit Menschen nicht umgehen. (Beifall bei den Grünen.)

Uns ist klar – und das fordern wir ebenso ein –, dass das Pflegegeld reformiert werden muss, und zwar sowohl was die Höhe betrifft, damit auch tatsächlich die Leistungen bezahlt werden können, die zu erbringen sind, als auch den Bereich der Krankheitsbilder betreffend, der damit abgedeckt werden kann. Als Stichwort möchte ich hier den Begriff der Altersdemenz nennen. Es ist derzeit ein Riesenproblem in der Betreuung alter Menschen, dass der mit dem Krank­heitsbild der Altersdemenz verbundene Aufwand nicht mit dem Pflegegeld refundiert wird. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Der eigentliche Punkt des vorliegenden Antrages ist aber der, dass die Ausgleichszulagenricht­sätze für Ehepaare erhöht werden sollen, um, wie es in der Begründung des Antrages heißt, die Armutsgefährdung hintanzuhalten. Das heißt, die betroffenen Menschen sollen nicht Gefahr laufen, arm zu werden. – Gut. Wenn Sie Armut so definieren, dass die Betroffenen eine Woh­nung haben, etwas zu essen und anzuziehen haben, dann kann man tatsächlich zu zweit mit diesen 965 € überleben. Arm sein heißt aber darüber hinaus, am größten Teil des sozialen und kulturellen Lebens nicht teilnehmen zu können. Das heißt, keine Freundin, keinen Freund zum Essen einladen zu können. Das heißt, nicht ins Kino oder einmal auf den Fußballplatz gehen zu können, und das heißt, auch nicht ins Kaffeehaus gehen zu können, um einen „Kleinen Braunen“ zu trinken, damit man dort die Zeitungen lesen kann, die man sich nicht kaufen kann, weil sie zu teuer sind.

 


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