Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 52

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Aber wir müssen auch ein bisschen bei den Daten und Fakten bleiben. Grundsätzlich besteht seit Jahrzehnten die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Seit mehr als 13 Jah­ren sind die Beratungen im Untersuchungsausschuss sogar medienöffentlich, alle Befragungen werden im Beisein der Öffentlichkeit und der Medien durchgeführt. 1997 wurde sogar eine eigene Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse im Einvernehmen mit den Grünen und der SPÖ installiert, und diese Verfahrensordnung hat sich in den letzten zwei Jahren im Untersuchungsausschuss betreffend „Euroteam“ wirklich sehr bewährt, hat ihre Praktikabilität und ihre Wirksamkeit nachgewiesen, hat diesen Test hervorragend bestanden.

Wenn ich dem Kollegen Cap heute zugehört habe, konnte ich feststellen, dass die SPÖ hier offensichtlich einen Wechsel in ihrer Argumentation vorgenommen hat, denn in den neunziger Jahren hat sich die SPÖ gegen die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minder­heitsrecht noch heftig gewehrt und auch noch verhindert. Damals waren die Sozialdemokraten in der Regierung, waren stärkste Partei, trugen Regierungsverantwortung und haben – mög­licherweise deshalb – die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitsrecht ein­deutig abgelehnt.

In der letzten Legislaturperiode waren die Sozialdemokraten Oppositionspartei und haben auf einmal ihre Liebe zu Minderheitsrechten entdeckt und wollen nun dieses Recht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auch Minderheiten geben. Jetzt, nach dieser Wahl, sind sie zweitstärkste Partei und bringen wieder diesen Antrag ein.

Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, glaubwürdig und überzeugend ist für mich diese Linie nicht, denn als Regierungspartei Minderheitsrechte abzulehnen, als Minderheitspartei aber da­für einzutreten, das ist nicht gerade überzeugend, sondern das riecht ein bisschen nach partei­politischem Opportunismus. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht der grundsätzliche Standpunkt, sondern offenbar die jeweilige parteipolitische Position, Ihr Standort bestimmt diese Linie. (Abg. Dr. Cap: Was will die ÖVP?) Und das halten wir im Hin­blick auf Grundfragen des Parlamentarismus und der Geschäftsordnung des Nationalrates ehr­lich gesagt wirklich nicht für zielführend und auch nicht für überzeugend. (Abg. Dr. Cap: Und was will die ÖVP jetzt?)

Wir sehen, was den Untersuchungsausschuss betrifft, keinen Anlass, unsere Position zu ändern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Wir bleiben bei unserer Linie, die wir auch in den letzten zehn Jahren vertreten haben, und das mit guten Argumenten, denn ein Minderheitsrecht für Untersuchungsausschüsse ist in den europäischen Parlamenten weithin unbekannt. Die einzige Ausnahme ist die Bundesrepublik Deutschland, aber selbst das angeb­liche Minderheitsrecht im Deutschen Bundestag ist nur theoretisch, denn dort werden die Unter­suchungsaufträge und die Einsetzung der Untersuchungsausschüsse im Regelfall einvernehm­lich festgelegt.

Außerdem kennt das deutsche Verfassungsrecht die im österreichischen Recht unbekannte Organanklage gegen verantwortliche Organe des Parlaments. Und wenn man schon das deutsche Beispiel heranzieht, dann müsste man wahrscheinlich auch über diese Frage disku­tieren.

Im Übrigen ist das österreichische Parlament bei der Ausstattung mit Minderheitsrechten in Europa durchaus führend. So hat zum Beispiel der Deutsche Bundestag keine Möglichkeit, Rechnungshof-Sonderprüfungen durchzuführen.

Meine Damen und Herren! Gerade der „Euroteam“-Untersuchungsausschuss hat bewiesen, dass sich die neue Verfahrensordnung bewährt hat und dass Minderheitsrechte sehr ernst ge­nommen werden. Der Verfahrensanwalt war die ganze Zeit präsent und hat auch bei strittigen Fragen, in Sachen, in denen sich die Parteien nicht einig waren, objektiv und parteiunabhängig Auskunft gegeben und die Geschäftsordnung entsprechend interpretiert. Auch wenn es der jeweiligen Mehrheit – manchmal auch uns – nicht gepasst hat, hat sie das zur Kenntnis genommen.

 


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