Wir alle wissen, dass es viel mehr Mühe und auch Geld
kostet, eine große Zahl von Unterschriften für ein Volksbegehren
zusammenzubringen, als dass man einfach sagt: Bitte, holt eben noch einmal fünf
Leute zusammen und unterschreibt! – So einfach ist das nicht!
Daher denke ich, dass wir hier wirklich von
verschiedenen Dingen reden und dass eine unterschiedliche Behandlung in diesem
Fall absolut sachlich gerechtfertigt ist. Wir haben es ja auch nicht mit
Hunderten Volksbegehren zu tun, sondern die wenigen Volksbegehren, die es in
den letzten Gesetzgebungsperioden gab, wird wohl auch ein neuer Nationalrat
aushalten, wenn er, mit dieser „Hypothek“ – unter Anführungszeichen –
von Wünschen aus dem Volk belastet, seine neue Tätigkeit beginnt. – Danke.
(Beifall bei den Grünen.)
15.06
Präsident
Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin ist Frau
Abgeordnete Mag. Grossmann zu Wort gemeldet. Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte.
15.06
Abgeordnete
Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Jugend auf den oberen Rängen!
Jedes Volksbegehren als direktdemokratisches Instrument mobilisiert Tausende
Bürgerinnen und Bürger dazu, mit ihrer Unterschrift für ein Thema, für ein
Anliegen, für etwas, woran sie glauben, persönlich einzutreten oder sich klar
gegen eine Thematik zu deklarieren.
Wenn ein Volksbegehren in einer
Gesetzgebungsperiode – aus welchen Gründen auch immer – seinen
Niederschlag nicht in Form eines Gesetzes findet oder nicht ausreichend behandelt
wird, so ist dies doch auf Grund der demokratiepolitischen Sensibilität der
Materie ein Auftrag an uns, sich intensiv mit diesem Anliegen zu befassen.
Dieser Auftrag der Bevölkerung kann nicht, darf nicht mit dem Auslaufen einer
Legislaturperiode enden. (Beifall bei der
SPÖ.)
Dem Antrag 22/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und
KollegInnen, nämlich dass Volksbegehren, die dem Nationalrat übermittelt
wurden, nicht mit Ende der Legislaturperiode verfallen, sondern in einem
solchen Fall vom Nationalrat der nächsten Gesetzgebungsperiode weiter zu behandeln
sind, stimme ich daher vollinhaltlich zu. (Beifall
bei der SPÖ.)
An dieser Stelle möchte ich aber auch anregen, den
Antrag betreffend Behandlung parlamentarischer Bürgerinitiativen zu
vervollständigen, bei welchen das Anliegen auch von mindestens
500 BürgerInnen unterstützt werden muss.
Volksbegehren wie das Sozialstaat-Volksbegehren, das
Frauen-Volksbegehren, das Gentechnik-, aber auch das Temelín-Volksbegehren
haben einen intensiven öffentlichen Diskussionsprozess entfacht und diese
Problematik in das Bewusstsein der Österreicherinnen und Österreicher gerückt.
Insofern bin ich überzeugt davon, dass ein
Volksbegehren auch dann erfolgreich ist, wenn es diese Funktion der bewussten
Auseinandersetzung mit einem Thema in einer offenen, fairen Diskussion erfüllt
hat oder aber durch eine solche Diskussion eine wertmäßige Orientierung in
weiten Teilen der Bevölkerung ausgelöst hat.
Vor dem Hintergrund dieser Qualität
direktdemokratischer Instrumente ist es daher sekundär – oder auf Deutsch
gesagt „Wurscht“ –, ob es die Abgeordneten der XXI. oder der
XXII. Gesetzgebungsperiode sind, die verpflichtet sind, sich mit den
Anliegen der Basis auseinander zu setzen. Wenn Tausende Menschen für ein Thema
mobilisiert werden, dann muss das ein bleibendes Signal sein, das uns zu einer
längerfristigen Auseinandersetzung verpflichtet. Zeigen wir den Menschen
außerhalb dieses Hohen Hauses, die sich intensiv mit Politik befassen, dass es
für ihre Anliegen nicht nur ein Leben nach der Eintragungswoche gibt, sondern
auch ein Leben nach der jeweiligen Gesetzgebungsperiode! Dazu sind vor allem
jene Menschen innerhalb dieses Hauses aufgerufen, die unter ihren
Sympathisantinnen und Sympathisanten aktiv für eine Unterzeichnung geworben haben.