Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 94

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Wir alle wissen, dass es viel mehr Mühe und auch Geld kostet, eine große Zahl von Unterschrif­ten für ein Volksbegehren zusammenzubringen, als dass man einfach sagt: Bitte, holt eben noch einmal fünf Leute zusammen und unterschreibt! – So einfach ist das nicht!

Daher denke ich, dass wir hier wirklich von verschiedenen Dingen reden und dass eine unter­schiedliche Behandlung in diesem Fall absolut sachlich gerechtfertigt ist. Wir haben es ja auch nicht mit Hunderten Volksbegehren zu tun, sondern die wenigen Volksbegehren, die es in den letzten Gesetzgebungsperioden gab, wird wohl auch ein neuer Nationalrat aushalten, wenn er, mit dieser „Hypothek“ – unter Anführungszeichen – von Wünschen aus dem Volk belastet, seine neue Tätigkeit beginnt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu Wort gemeldet. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

15.06


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Jugend auf den oberen Rängen! Jedes Volksbegehren als direktdemokratisches Instrument mobilisiert Tausende Bürgerinnen und Bürger dazu, mit ihrer Unterschrift für ein Thema, für ein Anliegen, für etwas, woran sie glauben, persönlich einzutre­ten oder sich klar gegen eine Thematik zu deklarieren.

Wenn ein Volksbegehren in einer Gesetzgebungsperiode – aus welchen Gründen auch immer – seinen Niederschlag nicht in Form eines Gesetzes findet oder nicht ausreichend be­handelt wird, so ist dies doch auf Grund der demokratiepolitischen Sensibilität der Materie ein Auftrag an uns, sich intensiv mit diesem Anliegen zu befassen. Dieser Auftrag der Bevölkerung kann nicht, darf nicht mit dem Auslaufen einer Legislaturperiode enden. (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Antrag 22/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und KollegInnen, nämlich dass Volksbegeh­ren, die dem Nationalrat übermittelt wurden, nicht mit Ende der Legislaturperiode verfallen, son­dern in einem solchen Fall vom Nationalrat der nächsten Gesetzgebungsperiode weiter zu be­handeln sind, stimme ich daher vollinhaltlich zu. (Beifall bei der SPÖ.)

An dieser Stelle möchte ich aber auch anregen, den Antrag betreffend Behandlung parlamen­tarischer Bürgerinitiativen zu vervollständigen, bei welchen das Anliegen auch von mindestens 500 BürgerInnen unterstützt werden muss.

Volksbegehren wie das Sozialstaat-Volksbegehren, das Frauen-Volksbegehren, das Gentech­nik-, aber auch das Temelín-Volksbegehren haben einen intensiven öffentlichen Diskussions­prozess entfacht und diese Problematik in das Bewusstsein der Österreicherinnen und Österrei­cher gerückt.

Insofern bin ich überzeugt davon, dass ein Volksbegehren auch dann erfolgreich ist, wenn es diese Funktion der bewussten Auseinandersetzung mit einem Thema in einer offenen, fairen Diskussion erfüllt hat oder aber durch eine solche Diskussion eine wertmäßige Orientierung in weiten Teilen der Bevölkerung ausgelöst hat.

Vor dem Hintergrund dieser Qualität direktdemokratischer Instrumente ist es daher sekundär – oder auf Deutsch gesagt „Wurscht“ –, ob es die Abgeordneten der XXI. oder der XXII. Gesetz­gebungsperiode sind, die verpflichtet sind, sich mit den Anliegen der Basis auseinander zu setzen. Wenn Tausende Menschen für ein Thema mobilisiert werden, dann muss das ein blei­bendes Signal sein, das uns zu einer längerfristigen Auseinandersetzung verpflichtet. Zeigen wir den Menschen außerhalb dieses Hohen Hauses, die sich intensiv mit Politik befassen, dass es für ihre Anliegen nicht nur ein Leben nach der Eintragungswoche gibt, sondern auch ein Leben nach der jeweiligen Gesetzgebungsperiode! Dazu sind vor allem jene Menschen inner­halb dieses Hauses aufgerufen, die unter ihren Sympathisantinnen und Sympathisanten aktiv für eine Unterzeichnung geworben haben.

 


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