wenn er an ihnen
wie an einem Dogma festhält und diese in die Regierungsverhandlungen einbringt.
1 Milliarde durch vier zu dividieren und zu sagen, ein Viertel
Strukturmaßnahmen, ein Viertel Medikamentenkosten, ein Viertel Selbstbehalte
und ein Viertel Beitragserhöhungen, das ist zwar eine simple
Volksschulrechnung – dividiert durch vier bei einer runden Zahl von
1 Milliarde ist nicht ungeheuer schwierig –, aber trotzdem wird das
Ganze nicht klüger, weil die ÖVP und ihre Landeshauptleute in ihrem Sektor bezüglich
Strukturmaßnahmen, die in den Ländern stattfinden müssen – bei zehn
unterschiedlichen Gesetzen in Österreich ist das ein Auswuchs an Föderalismus,
muss ich ernsthaft und mit Nachdruck sagen –, dafür Sorge tragen werden,
dass sich dieser Einsparungseffekt nicht in dieser Legislaturperiode zu
Buche schlagen wird. Dafür sprechen die Finanzausgleichsverhandlungen und die
Staatvertragsbestimmungen mit den Artikel-15a-Vereinbarungen. Da hat sich die
ÖVP zurückgelehnt und gesagt: Die Grünen müssen das tragen, die
Sozialdemokraten müssen das tragen, wir würden zwar gerne et cetera. – Und
so war es bei vielen Punkten.
Schüssel hat auch übersehen, dass wir an dritter Stelle in der Welt
liegen, was die private Finanzierung des Gesundheitssystems betrifft. Nach
den USA mit über 55 Prozent und den Niederlanden mit 32 Prozent
liegt Österreich bereits bei über 30 Prozent an dritter Stelle in der
Welt. Und dass dann eine Wirtschaftspartei, die Rosstäuscherei betreibt, ohne
zu erröten – diese Farbe würden Sie gar nicht im Gesicht zu tragen
wagen – von Steuerentlastungen spricht, aber von den Leuten Geld anderswo
abkassiert und sagt, ich, Staat, bin dazu nicht fähig, mich geht das nichts an,
wer krank ist, ist selbst schuld, ist kühn.
Zu meiner Vorrednerin. Die Eigenverantwortung soll nicht so weit gehen,
dass Leute, die ohne ihre Schuld krank werden, zum Beispiel bei Pockenbefall,
zur Kasse gebeten werden. Krankheit tritt oft schicksalhaft auf. Ich bin dafür,
ein möglichst dichtes Recht für Gesundheit und Schutz vor Krankheit zu
verankern, aber die Pflicht zur Gesundheit wäre meiner Meinung nach etwas zu
exerzierplatzmäßig. Das wünsche ich mir nicht, da fehlt mir allerhand an
Solidarität.
Ganz zum Schluss, weil es Kollege Stummvoll „sehr gerne“ hört – das
war jetzt zynisch – oder eben nicht so gerne hört: Das Kassendefizit ist
aus folgenden Gründen entstanden: Das Bruttoinlandsprodukt ist stärker
gewachsen als Löhne und Gehälter. Aus Löhnen und Gehältern resultieren
natürlich die Einnahmen der Kassen. Die Ausgaben der Kassen haben sich in etwa
wie das Bruttoinlandsprodukt nach oben bewegt, also wie die Gewinne aus
Wirtschaft, Kapital, Grund, Boden, Besitz, Sparbüchern und was Sie sonst noch
anführen wollen.
Und wer ist für das Lohnniveau verantwortlich? Sind es wirklich die
Kranken, die darüber befinden können ... (Abg. Dr. Stummvoll: Nicht die Regierung!) –
Nicht die Regierung, aber die Wirtschaft vielleicht ein bisschen, oder? (Abg.
Dr. Stummvoll: Einen Vertrag
machen immer zwei! Gewerkschaften und Arbeitgeber!) – Und die
Gewerkschaften wollen weniger, und Sie bieten mehr. Also das ist eine neue
Verhandlungstaktik von Ihnen, aber bitte, wenn Sie das glauben!
Dann sind den Krankenkassen 2,5 Milliarden Schilling zusätzlich von
der Regierung aufgebürdet worden. Das wissen Sie. Arbeitgebern werden die
Zahlungen gestundet, sie müssen später zahlen, Arbeitgeberbeiträge werden
gesenkt, Krankenkassen müssen auch private Krankenanstalten finanzieren,
übernehmen die Bundeszuschüsse im stationären Bereich, übernehmen die
Bundeszuschüsse bei der Bauernkrankenkasse. Stimmt das nicht? Das stimmt schon!
(Abg. Dr. Stummvoll: Das
ist ein Teil der Wahrheit!)
Ein Teil der Wahrheit, aber ich glaube, dieser Teil der Wahrheit genügt,
damit Sie Ihre Verantwortung mit übernehmen müssen. Ich hoffe wirklich,
Kollege Rasinger, dass es diesmal keine Kehrtwendung gibt. Ich würde sogar
Schüssel darum ersuchen, dich einmal in das Verhandlungsteam aufzunehmen,
sodass auch ein Gesundheitssprecher für die ÖVP verhandelt. Das wäre vielleicht
kein übles Zeichen. (Abg. Dr. Rasinger:
Wir wollten lauter Tiroler verhandeln lassen!)
Vielen Dank für das Kompliment an Tirol. – Damit ende ich. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.38