Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 119

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Erstens: Der Bundeskanzler hat – menschlich sehr sympathisch – zugegeben: Auch wir sind nicht perfekt. (Abg. Gaál: Echt sympathisch! – Abg. Dr. Jarolim: ... eine sehr unehrliche Rede! Eine außerordentlich unehrliche Rede!)

Zweitens: Jedermann sieht ein, dass strukturelle Schwächen, die über drei Jahrzehnte eintreten, nicht in drei Jahren beseitigt werden können.

Und drittens – das sage ich jetzt, bitte, weil Sie diese Frage gestellt haben und weil auch die neuen Abgeordneten wissen sollen, wie sich manche Vorgänge früher vollzogen haben –: Ich beantworte Ihre Frage am Beispiel der so heiklen Pensionsreform. Wir würden keine Pensionsreform brauchen, wenn die Reform 1997 nicht jenes Schlussszenario gehabt hätte, das ich im Folgenden hier schildern darf:

Meine Damen und Herren! Die Pensionsreform 1997 war in der Schlussphase hier im Parlament, und es tagten gleichzeitig der Finanzausschuss und der Sozialausschuss. Während der laufenden Ausschusssitzung kommt der damalige Klubobmann Peter Kostelka und sagt: Liebe Freunde! Egal, was vereinbart ist: Der SPÖ-Klub kann nur zustimmen, wenn auch der ÖGB zustimmt. – Wir mussten daraufhin für drei Stunden beide Ausschüsse unterbrechen. Es tagte der ÖGB-Bundesvorstand drei Stunden lang. Dann kam der Fraktionsführer der SPÖ-Gewerkschaft und sagte: Okay, der ÖGB stimmt zu, wenn ihr auf die Punkte eins, zwei, drei und vier verzichtet!

Das ist die Wahrheit! Sie wissen es genau, Herr Kollege Verzetnitsch (Abg. Verzetnitsch: Was waren das für Punkte? Sagen Sie die Punkte!), und ich sage Ihnen ganz offen – ich bekenne das –: Ab diesem Zeitpunkt, wo die Parlamentsmehrheit in Geiselhaft der sozialdemokratischen Gewerkschafter war, war ich kein Anhänger der großen Koalition mehr, Herr Präsident Verzetnitsch! Das werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen. (Abg. Verzetnitsch: Fragen Sie einmal den Kollegen Neugebauer!) Es tut mir Leid, aber ich möchte das als Parlamentarier nie mehr erleben, dass sich eine Parlamentsmehrheit in Geiselhaft sozialdemokratischer Gewerkschafter befindet, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: ... Geiselhaft der Wirtschaftskammer! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber nun zu Ihrem zentralen Vorwurf in der Dringlichen Anfrage. Im Titel stehen zwar die Abfangjäger, aber der zentrale Vorwurf lautet: Schwarz-Blau ist an den Inhalten gescheitert, und jetzt wird Schwarz-Blau gemacht, weil die FPÖ der billigste Partner ist. (Abg. Gaál: Das ist wirtschaftskapitalistisches Denken!)

Dazu kam noch die Frage des Kollegen Cap – ich würde, Herr Präsident, jetzt an sich einen bestimmten Ausdruck verwenden, verwende ihn aber bewusst nicht, weil ich sonst einen Ordnungsruf bekäme; ich verwende also nicht die Formulierung „Es wurde die dumme Frage gestellt“, sondern ich sage: Es wurde die absurde Frage gestellt –: Wozu haben wir dann gewählt?

Bitte, in der jüngsten Geschichte unseres Landes, seit 1990, ist es bereits dreimal passiert! 1990: Vorher Rot-Schwarz – nachher Rot-Schwarz! 1994: Vor der Wahl Rot-Schwarz – nach der Wahl Rot-Schwarz! 1995: Vor der Wahl Rot-Schwarz – nach der Wahl Rot-Schwarz! (Abg. Gaál: ... Schüssel! ... Schüssel! – Abg. Eder: Die Blauen gibt es ja nicht mehr! Die sind ja zerbröselt!)

Meine Damen und Herren! Wieso stellen Sie diese absurden Fragen heute? Damals haben Sie diese Fragen nicht gestellt, Herr Kollege Eder! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen auch Folgendes sagen: Die Regierung Schwarz-Blau ist nicht an den Inhalten gescheitert, sondern sie ist daran gescheitert, dass ein Regierungspartner plötzlich inner­parteiliche Turbulenzen hatte. (Abg. Dr. Wittmann: Sie haben neu gewählt!)

Meine Damen und Herren! Das Wahlergebnis hat eine klare Aussage enthalten. (Abg. Gaál: Sie haben neu gewählt!) Die ÖVP hätte nie so klar gewinnen können, wenn der Kurs nicht richtig gewesen wäre. Aber der Kurs war richtig (die Abgeordneten Dr. Wittmann und Dipl.-


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