Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 125

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Dann kam die große Frage Eurofighter. Wir haben Sie nicht erst in dieser langen Nacht ernst­haft gefragt: Wie soll das gehen? Wie soll das in einer Zeit gehen, in der es immer heißt Stu­diengebühren, Selbstbehalte, Pensionskürzungen, in einer Zeit, in der Frauen an die Armuts­grenze kommen? Da kam einige Male die Antwort: Das geht dann schon irgendwie mit der Aus­gleichszulage.

Ausgleichszulagen als immer breitere Basis eines so genannten neuen Pensionsmodells – und gleichzeitig sagen Sie, die Grünen sollen unterschreiben, dass 2 Milliarden € für Euro­fighter verschwendet werden? – Ich habe im Laufe dieser Verhandlungen immer mehr das Ge­fühl bekommen, da geht es nicht nur um die Abfangjäger, sondern da geht es um das konkrete Projekt Eurofighter. Da steckt mehr dahinter. Da steckt die Geschichte des – ich formuliere es jetzt ganz vorsichtig – schwer wiegenden Verdachts einer Schiebung bei der Typenent­schei­dung mit allen Konsequenzen dahinter. (Abg. Murauer: Gibt es einen Fall, wo der Pilz keinen Verdacht hat?)

Herr Bundeskanzler! Sie haben berichtet, ein Abteilungsleiter hätte seine Privatmeinung ge­äußert und erklärt, er sei für den Gripen, alle anderen seien für den Eurofighter gewesen.

Herr Bundeskanzler! Das, was ich hier in Händen halte, ist keine Privatmeinung. Das ist der offizielle Akt des Bundesministeriums für Landesverteidigung. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Ich habe den nicht!) Die „Privatmeinung“, von der Sie reden, ist die offizielle Stellungnahme des zuständigen Abteilungsleiters, des Divisionärs Spinka. Darüber steht ein zweiter Name, die Meinung des zuständigen Sektionschefs, des Generals Corrieri: gegen Eurofighter, für Gripen. Und darüber steht die nächste Unterschrift, wieder keine Privatmeinung, sondern die Meinung des zuständigen Generaltruppeninspektors Horst Pleiner. – Herr Bundeskanzler! Das sind alles Privatmeinungen? Die höchsten Beamten des Landesverteidigungsministeriums schieben Sie quasi aus dem Akt und sagen, bloße Privatmeinungen, hat uns nicht zu interessieren?

Wenn jemand beginnt, als Regierungschef derart mit Akten umzugehen (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Ich habe ihn nicht!), dann darf man sich nicht wundern, wenn am Ende Euro­fighter und der Verdacht auf bewusste Schiebung des Ausschreibungsverfahrens heraus­kommen. (Abg. Dr. Strasser: Das ist eine ganz böse Unterstellung, die Sie im Schutze Ihrer Immunität machen!) An diesem Punkt sind wir jetzt. Deswegen brauchen wir keine Unterschrift unter einen Kaufvertrag, sondern einen Untersuchungsausschuss! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir brauchen einen Untersuchungsausschuss, in dem wir Punkt für Punkt klären, was beim ersten Versuch – beim gescheiterten Versuch – des Verteidigungsministers, das im Ministerrat vor­zutragen, was beim zweiten Versuch und was dann bei der Eurofighter-Überraschung passiert ist. Wir vom Grünen Klub werden in den nächsten Tagen einiges dokumentieren, weil wir uns seit Sonntag fragen, was da passiert ist.

Meine Damen und Herren! Ich erspare mir die ganze Finanzierungsplattform. Ich erspare mir die ganzen Rechenkunststücke, wie man gönnerhafte Unternehmen dazu verführt, 40 Milliarden an Umsätzen zu machen, nur um dem österreichischen Bundesheer Kampfflugzeuge schenken zu können. Ich erspare mir den Versuch des Finanzministers, der erklärt hat, wir finanzieren das nicht aus dem Budget, sondern wir schenken den Anbietern und den Kompensierern schlicht und einfach so lange die Steuern, bis es sich ausgeht. Und ich erspare Ihnen die Debatte darüber, wie die österreichische Bevölkerung es aufnimmt, wenn Sie sagen: Nein, wir finan­zieren das nicht aus dem Budget, sondern wir finanzieren das dadurch, dass wir auf Staats­einnahmen verzichten. – Für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist das völlig egal. (Beifall bei den Grünen.)

Weil ich es nicht glauben kann und weil ich es mir nicht vorstellen kann, dass eine Bundes­regierung an so etwas scheitert, äußere ich hier, so glaube ich, eine – im Gegensatz zur Ver­mutung des Abgeordneten Schweitzer – gut fundierte Vermutung.

 


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