Sie schreiben in
Ihrer Anfragebeantwortung auch, dass die Forderungslisten von der Europäischen
Kommission auf Basis ihrer Kontakte zur Öffentlichkeit, zur
europäischen Dienstleistungsindustrie und so weiter, konzipiert wurden. Wissen
Sie, wie diese „Kontakte zur Öffentlichkeit“ ausgesehen haben? –
Kommissar Lamy hat im November oder Dezember dazu aufgerufen, dass Anregungen
per Mail oder per Post an die Kommission geschickt werden sollen, und danach
hat die Kommission entschieden, was in die Forderungslisten aufgenommen wird
und was nicht.
Die Einbindung der
Öffentlichkeit stelle ich mir aber etwas anders vor, als dass einfach Mails
geschickt werden und dann entschieden wird, was hineinkommt und was nicht. Das
ist nicht die Art und Weise, wie öffentlich informiert werden soll, Herr
Minister!
Sie geben in Ihrer
Anfragebeantwortung auch bekannt, Sie hätten durchgesetzt, dass die EU den
Zugang zu der Ressource Wasser, die Privatisierung der Wasserversorgung, den
grenzüberschreitenden Transport von Wasser, explizit ausnehmen soll, dass das
auch tatsächlich so sein wird. Das mag stimmen, aber wissen Sie, was
andererseits mittlerweile passiert ist? – Die EU hat zwar gesagt, für den
eigenen Bereich werde sie das nicht anbieten, sie möchte aber ihrerseits diese
Liberalisierung von den Entwicklungsländern, die sollen liberalisieren.
Im britischen
„Guardian“ stand erst vor wenigen Tagen, die EU verlange zum Beispiel, dass
Bolivien ausländische Wasserfirmen und -konzerne ins Land lassen soll –
ein Land, in dessen größter Stadt es erst vor kurzem einen öffentlichen Aufruhr
und Widerstand gegeben hat, da dort die Wasserpreise um 200 Prozent
gestiegen sind, weil dort schon eine ausländische Firma war; eines der ärmsten
Länder der Welt, Herr Minister!
Das verlangt die EU jetzt von
zahlreichen Ländern! Und da sagen Sie uns, Sie wollen das nicht im Parlament
diskutieren und Sie schließen sich allem an, was die Europäische Kommission
vorhat?
Herr Minister! Sie
bekommen diesbezüglich nicht nur von Seiten der Grünen Kritik. Sie erhalten sie
auch in Ihren eigenen Reihen. Erst letzte Woche stand in der Wiener
Stadtzeitung „Falter“ ein langer Artikel über Engerwitzdorf in Oberösterreich,
wo der ÖVP-Bürgermeister dieses Ortes den Aufruf der „Stoppt GATS“-Kampagne mit
unterzeichnet und an Sie geschickt hat. Er sagt nämlich: Wir Gemeindepolitiker
haben eben das Ohr dort, wo man hört, was die Bürger denken.
Herr Minister! Sie
und andere sagen immer: Keine Panikmache, es ist alles in Ordnung, wir tun eh
nichts, was die Daseinsvorsorge irgendwie in Gefahr bringen könnte! – Herr
Minister! Wenn es tatsächlich so ist, dann machen Sie es öffentlich!
Diskutieren Sie öffentlich hier im Parlament darüber! Dann sollen die
Entscheidungen hier getroffen werden und nicht einfach von der Europäischen
Kommission ohne Einbindung der Parlamente. Diese Entscheidungen haben hier stattzufinden, denn sie
betreffen die Menschen in diesem Land, in der EU und auch in anderen Ländern
der Welt. Diese Einbindung fordern wir! (Beifall
bei den Grünen.)
17.52
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.
17.53
Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr
geehrte Frau Abgeordnete Lunacek, Ihre einleitenden Sätze waren aus meiner
Sicht in vielem eine klare Befürwortung von GATS und dem Interesse Österreichs,
aber auch dem Interesse der Entwicklungsländer, Dienstleistungen weiter zu
liberalisieren. (Abg. Mag. Lunacek:
Das interpretieren aber Sie!)
Sie haben gesagt, dass in den OECD-Ländern – und Österreich liegt diesbezüglich ziemlich genau im Schnitt – 65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes mit Dienstleistungen erwirtschaftet werden, in den Entwicklungsländern aber erst 38 Prozent. Es ist natürlich die Liberalisierung von Dienstleistungen im Sinne von GATS auch ein Weg, den Dienstleistungsanteil und damit die Wertschöpfung in Entwicklungsländern zu erhöhen. Genau das ist ja ein Grund dafür, dass