Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 148

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Frau Lunacek! Wenn Sie sagen, das Ganze sei hauptsächlich im Interesse der großen Kon­zerne, die Gewinne maximieren wollten, dann vergessen Sie, dass das bei der 4. WTO-Kon­ferenz – Sie haben die Ministerkonferenz in Doha ja erwähnt – von 145 Staaten beschlossen worden ist und dass zwei Drittel der Teilnehmer aus Entwicklungsländern kamen. Es ist selbst­verständlich, dass die Möglichkeit, zu liberalisieren, den Entwicklungsländern eigentlich Nutzen bringen sollte, wie das auch eine Studie der Weltbank darstellt. (Abg. Öllinger: Sollte!) Denn wenn nichts getan wird, wenn es dort keine Chancengleichheit gibt, dann werden diese Länder niemals in Richtung jenes Standards im Dienstleistungsbereich aufholen, den andere Länder bereits erreicht haben. Daher war es durchaus im Interesse der Entwicklungsstaaten, dass diese Verhandlungen aufgenommen wurden.

An sich ist das Thema sicherlich ein sensibles Thema, und demgemäß sollte eigentlich auch vor­gegangen werden. Stattdessen können wir im Internet und sogar in diversen Schulklassen beobachten, dass behauptet wird, dies sei der falsche Ansatz, es handle sich dabei um eine Gefährdung der Demokratie, und die gesamte Daseinsvorsorge wäre in Gefahr, weil Ge­sundheit, Pensionen, Bildung, Wasserversorgung, Post und Strom liberalisiert oder, wie auch noch gesagt wird, privatisiert würden.

In den GATS-Verhandlungen kommt Privatisierung jedoch gar nicht vor. Es gibt nämlich die Mög­lichkeit, das eigene Angebot so zu erstellen, dass all diese sensiblen Bereiche aus­genommen werden, und genau das ist auch geschehen. Es besteht zudem auch überhaupt keine Verpflichtung zur Privatisierung in diesen Bereichen. Und weil es eben nicht reziprok konzipiert ist, hat man im nationalen Bereich alle Möglichkeiten zu Auflagen auf dem Gebiet der Tarife, der Preise und der Versorgungsqualität einzufordern, und das ist dann auch so abzu­wickeln. Das heißt: Sie haben hier im innerstaatlichen Bereich all diese Möglichkeiten, niemand kann Ihnen etwas dringend empfehlen oder gar oktroyieren.

Es hätte also sehr wohl Möglichkeiten der Einflussnahme gegeben. Daher verstehe ich auch nicht, dass diesbezüglich sehr überzogen vorgegangen wird und dass der Eindruck erweckt wird – Herr Präsident Verzetnitsch, auch Sie spreche ich an! –, dass man GATS jetzt noch stoppen könnte. Die Gewerkschaft beteiligt sich so wie viele andere an der Kampagne „Stopp GATS!“. Man sollte sich wirklich fragen, was denn dahinter steht, wenn man das fordert.

Ein laufender Prozess, von dem 145 Länder der Meinung waren, dass im Großen und Ganzen etwas Positives dabei herauskommen würde, sollte doch eigentlich nicht gestört und nicht unter­­brochen werden. Außerdem würden wir uns innerhalb der EU unsolidarisch verhalten, würden wir uns als einzelnes Land ausklinken, und das noch dazu, ohne dass überhaupt schon Ergebnisse vorliegen. Man muss nämlich auch sehen, dass das, was bisher war, eigent­lich nur Vorverhandlungen waren. Bis zum 31. März wird die endgültige Angebotsliste erstellt werden. Es besteht also auch noch die Möglichkeit, dass sich das österreichische Parlament einschaltet.

In der Anfragebeantwortung seitens des Ministeriums ist dokumentiert, wie das gelaufen ist, dass es verschiedenste Möglichkeiten gegeben hätte – und sie sind teilweise auch wahrge­nommen worden –, sich einzubringen. Im Endeffekt haben die Sozialpartner wie bei anderen Artikel-133-Verfahren diese Möglichkeit auch genutzt und entsprechende Stellungnahmen abgegeben. Es ist das etwas ganz Normales und nichts Ungewöhnliches. Daher verstehe ich auch überhaupt nicht, warum man jetzt, bevor der Abschluss der ganzen Angelegenheit erreicht ist, auf einmal „Stopp GATS!“ als Parole ausgibt.

Im Übrigen ist die Transparenz eines Prozesses nicht mit der öffentlichen Resonanz gleich­zusetzen. Meine Position ist: Dieser Prozess ist hervorragend dokumentiert, wie das auch jetzt gerade in der Anfragebeantwortung vorgetragen wurde, und transparent und offen abgelaufen. Er hat nicht die Öffentlichkeit gehabt, die Sie sich gewünscht haben.

Meine Damen und Herren! Ich meine, man kann das auch jetzt noch in der Öffentlichkeit durch­aus seriös diskutieren. Ich halte aber absolut nichts davon, wenn man Gespenster, Angst­pa­rolen oder Sonstiges an die Wand malt. Das haben Schulklassen, das hat die Katholische Jung-


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