Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 151

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

öffentliche Information zu den GATS-Verhandlungen ist aus meiner Sicht symptomatisch für den Umgang mit Informationen zu diesem Thema insgesamt.

Herr Bundesminister! Sie haben uns mitgeteilt, wann Sie welche Informationen an das Parla­ment weitergeleitet haben und wo wir uns im Internet informieren können. Wir haben das gefun­den, wir haben das auch getan. Faktum ist aber, dass es sich bei all diesen Infor­mationen selbst­verständlich nur um diejenigen handelt, die uns von der EU-Kommission sozu­sagen zugestanden werden. Das heißt, es handelt sich nur um einen Teil der Informationen.

Ich möchte an drei Beispielen aufzeigen, was an dieser Geheimhaltungspolitik problematisch ist: So sind uns zwar die Forderungen der WTO-Mitgliedstaaten an die EU mittlerweile bekannt, allerdings mit zwei bedeutsamen Ausnahmen, nämlich USA und Australien. Die Forderungen dieser beiden Staaten sind so geheim, dass sie nicht einmal die ParlamentarierInnen sehen dürfen. Das heißt, niemand von uns weiß, welche Forderungen diese zwei Länder an die EU gestellt haben.

Zweitens: Die Informationen, die wir erhalten, so auch die letzte vom 7. Februar, also die vor­läufige Angebotsliste, sind streng geheim, sind vertraulich. Das bedeutet aber auch, dass wir sie eigentlich nicht weitergeben dürfen. Wie soll dann aber die Öffentlichkeit über diese Vorgänge informiert werden, wenn wir im Parlament nur vertrauliche Unterlagen bekommen?

Drittens: So richtig vertrauensbildend ist auch diese Angelegenheit rund um die EU-Kommission und den Wasserliberalisierungsforderungen an die Entwicklungsländer nicht. Es war nämlich so, dass die EU-Kommission noch im Herbst behauptet hat, dass sie keine Liberalisierungsfor­derun­gen an Entwicklungsländer stellen wird. Mittlerweile ist durch eine Indiskretion bekannt geworden, dass es doch Liberalisierungsforderungen gibt. Das heißt, die Frage nach den Grün­den für diese Geheimhaltungspolitik ist berechtigt. Was soll damit verhindert werden? Welche Diskus­sion soll damit verhindert werden? Unserer Meinung nach hat die Bevölkerung ein Recht, darüber informiert zu werden und auch darüber zu diskutieren, welche Liberalisie­rungs­schritte von Österreich und der EU getan werden sollen.

Warum sich das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Österreich nicht besonders dafür einsetzt, dass auch innerhalb der EU diese Geheimhaltung aufgehoben wird, haben wir heute vom Herrn Bundesminister teilweise schon gehört. Er ist nämlich der Meinung, dass diese GATS-Liberalisierungsschritte für Österreich absolut positiv wären. Er hat in einer Anfrage­be­ant­wortung bereits einmal festgestellt, dass es sich beim GATS prinzipiell um ein „ausge­wo­genes Abkommen“ handelt, „das den unterschiedlichen sozialen, rechtlichen und wirtschaft­li­chen Gegebenheiten in den einzelnen Staaten Rechnung trägt“. Ebenso hat der Herr Bundes­minister in dieser Anfragebeantwortung festgestellt, dass ja niemand die Mitgliedstaaten zur Liberalisierung zwingen könne. Das ist ein rein formeller beziehungsweise formalrechtlicher Stand­punkt, der sozusagen die momentanen rechtlichen Gegebenheiten widerspiegelt. Faktum ist aber auch, dass dieser Standpunkt jegliche Interessenungleichheit, jegliche Dynamik in den Verhandlungen völlig ignoriert.

Wir wissen nach wie vor nicht, was in Cancún im Herbst verhandelt werden wird. Wir haben jetzt zumindest einen Teil der Angebote. Wir wissen aber zum Beispiel noch überhaupt nicht, wie das in anderen Ländern ausschaut, was dort gewünscht wird oder nicht.

Wenn das österreichische Parlament gewisse Bereiche selbst ratifizieren muss, was zum Teil notwendig sein wird, etwa im Bereich der Gesundheit und der Bildung, dann sollte die öffent­liche Diskussion darüber meiner Meinung nach vorher stattfinden. (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, bei einer derartigen Anfragebeantwortung sind nicht Teilantworten und Hinweise darauf, wo man sich allenfalls auch noch informieren könnte, von Interesse, sondern voll­ständige Informationen, welche in der Öffentlichkeit auch diskutiert werden können, um zu einer demokratischen Entscheidung zu kommen. Das beinhaltet unter Umständen auch, dass man sich auf EU-Ebene dafür einsetzt, dass diese Geheimhaltungspolitik endlich beendet wird.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite