Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 175

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schlossen sich der Leiter der Beschaffungsabteilung und der Generaltruppeninspektor in vollem Umfange an.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser lehnte noch am 25.6.2002 den Ankauf von (wörtlich) Kriegsgerät ab, beugte sich aber den Spitzen der Regierung und der Parlamentsklubs mit den Worten „ich versuche daher, die beste einer nicht so guten Lösung mit auszuarbeiten“. Die „beste einer nicht so guten Lösung“ bestand in der Entscheidung für den Abfangjäger Euro­fighter, das teuerste und bisher nur als Prototyp in Verwendung stehende Kriegsgerät.

Der PR-Auftrag in Höhe von kolportierten 850.000 Euro des EADS-Konsortiums wurde großteils vom Werbeunternehmen des Ex-FPÖ-Geschäftsführer Gernot Rumpold und dessen Frau durch­geführt. Dieser stellte gegenüber der Öffentlichkeit klar, dass „wenn man in Österreich nicht mit einem Geldkoffer auftauche, gar nichts klappe“, und verglich die österreichischen Strukturen mit jenen von Uganda.

Begründet wurde die Entscheidung für den Eurofighter Typhoon mit dem vom EADS-Kon­sortium angebotenen Gegengeschäften, wobei diesbezüglich festgehalten werden muss, dass ein mit 20. Jänner 2003 datierter Zwischenbericht des Wirtschaftsministeriums doku­mentiert, dass bisher kein einziges Gegengeschäft konkret vereinbart wurde. Um überhaupt nen­nens­werte Aufträge vorweisen zu können, versucht das EADS-Konsortium, Vertrags­abschlüsse ab 31. Oktober 2001 als Gegengeschäfte zu deklarieren, sodass die Fertigung des Jeep-Grand-Cherokee-Nachfolgers zu den Kompensationen zählen soll.

Das durch möglicherweise entstehende Gegengeschäfte meistbegünstigte Unternehmen, der MAGNA-Konzern, war der frühere Arbeitgeber von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, diesem ist auch ein Rückkehrrecht zu seinem früheren Arbeitgeber eingeräumt. Auch wurde bekannt, dass der Ehegatte von Vizekanzlerin Riess-Passer, Michael Passer, einen Konsulentenvertrag mit dem MAGNA-Konzern abgeschlossen hat.

Am 12.7.2002 erstattete ein unbekannter Anzeiger eine Sachverhaltsdarstellung betreffend Beschaffungsvorgang „Abfangjäger“ an die Staatsanwaltschaft Wien. Der Anzeiger äußert den dringenden Verdacht der organisierten Wirtschaftskriminalität und verweist „auf im Ministerium vorliegende Dokumente“.

Auffällig an dem Beschaffungsvorgang ist auch, dass die Typenentscheidung immer wieder aus nicht transparenten Gründen verschoben wurde. Bekannt wurde jedoch, dass es wie bei der Beschaffung von Radargeräten der Firma Thomson zur Intervention gekommen ist. Bisher blieb die Tatsache unbestritten, dass sich der CSU-Kanzlerkandidat Stoiber an Bundeskanzler Schüssel gewandt hat, um für das Produkt Eurofighter zu intervenieren. Die Achse bayrische CSU und ÖVP war auch Gegenstand einiger Untersuchungsausschussanträge betreffend eventueller Zahlungen von „nützlichen Aufwendungen“ im Zusammenhang mit der Beschaffung von militärischem Gerät, die jedoch bisher von der FPÖ/ÖVP-Mehrheit abgelehnt wurden.

Mit 17.2.2003 verlangt plötzlich der 3. Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn eine Neu­ausschreibung zur Beschaffung von Abfangjägern, da nach seinen Aussagen ein neues Anbot des Bieters SAAB vorliege, wonach eine Ersparnis von 700 Millionen Euro gegenüber dem EADS-Gerät erzielt werden könne. Prinzhorn dazu wörtlich: „Wenn es trotz des neuen Angebots von SAAB beim Eurofighter bleibt, dann muss es Neuwahlen geben“.

Vollkommen unklar ist bis heute die Rechtsfrage, inwieweit sich die Republik Österreich, vertreten durch die betroffenen Ressortminister, bereits gegenüber dem EADS-Konsortium zum Kauf von Abfangjägern verpflichtet hat. Ebenso blieben Fragen hinsichtlich bestehender Rück­trittsmöglichkeiten bzw. Schadenersatzfolgen eines Rücktrittes vom abgeschlossen (Vor)vertrag vollkommen unbeantwortet.

Die von Bundeskanzler Schüssel vorgeschlagene Wirtschaftsplattform, die eine Finanzierung durch ein privates Konsortium vorbereiten soll, hat unter der Leitung von Ex-Wirtschaftsminister Dr. Farnleitner bisher keine konkreten Konzepte vorbereitet bzw. gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass im Zuge der Ausschreibung nicht von einer


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