Ich komme schon
noch zu einigen Inhalten, meine Damen und Herren, auch wenn ich sagen muss,
dass es natürlich bedauerlich ist, dass man als Oppositionspolitiker nur
zwanzig und nicht siebzig Minuten Redezeit zur Verfügung hat, aber ich bin als
Redner kurzer Debattenbeiträge bekannt, ich werde meine Zeit wahrscheinlich
gar nicht ausschöpfen.
Man fragt sich
natürlich angesichts dieses Hintergrundes: Gibt es überhaupt eine „blaue Handschrift“
in diesem Regierungsprogramm oder in der Regierungserklärung, oder gibt es das
nicht? (Abg. Dolinschek:
„Hackler-Regelung“!) – Ein bisschen etwas gibt es schon. Die so
genannte „Hackler-Regelung“, Herr Kollege, wäre in jedem Regierungsprogramm in
der einen oder anderen Form vorgekommen. (Abg. Dolinschek: Bei
Ihnen nicht!) – Mit Sicherheit bei uns auch, das dürfen Sie sich nicht
gerade anrechnen.
Was Sie sich aber
anrechnen dürfen, das ist das komplette Fehlen eines positiven Ansatzes im
Bereich der so genannten Integrationspolitik. Da ist nichts mehr von einer
erleichterten Form der Erlangung der Doppelstaatsbürgerschaft, da ist nichts
mehr von Familienzusammenführung, da ist nichts mehr von Abschaffung der Quote
beim Familiennachzug und da ist nichts mehr von „Aufenthaltsbewilligung ist
gleich Arbeitsbewilligung“, zu lesen.
Der ÖVP war das
offensichtlich egal, den Freiheitlichen war das wichtig, und deswegen steht es
nicht im Regierungsprogramm. Bei uns wäre das enthalten gewesen, es wäre für
uns ein wichtiger Punkt gewesen. Da geht es immerhin um bestimmte Grundwerte im
Bereich der Bürgerrechte und Menschenrechte. Wir kennen die Positionen der FPÖ
auf diesen Gebieten hinreichend. Aber dass der ÖVP – wie sich zeigt – das
völlig egal ist, das verstehe ich nicht. – Eines war schon interessant:
Einerseits war das Gegenstand in den Verhandlungen mit den Grünen, andererseits
wurde das auch in den Verhandlungen mit der FPÖ besprochen, aber dort ist das
binnen zwei Tagen ersatzlos aus dem Programm rausgeflogen, als ob das nichts
wäre.
Ich frage die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Ist diese Art von
Beliebigkeit, dass Positionen im Bereich bestimmter Grundwerte binnen Stunden
völlig austauschbar sind, die Politik der Mitte? Ist das die Politik der Mitte,
die Sie immer beschwören? Das ist die Politik einer Beliebigkeit, einer
prinzipienlosen Beliebigkeit, die ich nicht nachvollziehen kann. (Beifall
bei den Grünen.)
Ein anderer Punkt, bei dem sich die FPÖ binnen weniger Stunden
durchgesetzt hat, betrifft die Bestellung der Uni-Räte; das wurde schon
erwähnt. (Abg. Dr. Jarolim: Zukunftsweisende Besetzung!) Sie
halten Leute, die sich – wie war das? – der „deutschen Minderheit in
Österreich“ zugehörig fühlen und daraus offenbar einen wesentlichen Teil ihrer
persönlichen Identität schöpfen (Abg. Öllinger: „Zukunftsfest“!),
für zukunftsträchtig, zukunftsfest, für tauglich, die Universitätspolitik
im 21. Jahrhundert – nicht 1850 – mitzubestimmen. (Abg. Öllinger:
Deutschnational!) An dieser Art von Geisteshaltung ist schon die
Habsburger-Monarchie zugrunde gegangen. Ich hoffe, dass die Universitäten des
21. Jahrhunderts stabil genug sind, um das auszuhalten. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es ist zum Teil nicht uninteressant, die Regierungserklärung mit dem
Regierungsprogramm, mit dem Koalitionsübereinkommen zu vergleichen. Das ist
nicht identisch. Natürlich ist es ziemlich ähnlich, aber identisch ist es
nicht.
Ich bin aber dankbar, dass uns zwei Peinlichkeiten, die im
Koalitionsübereinkommen stehen, heute in der Regierungserklärung von Seiten des
Herrn Bundeskanzlers erspart blieben. Für die breite Öffentlichkeit möchte ich
jedoch anmerken, womit sich im Kapitel „EU-Politik“, das immerhin im
Koalitionsübereinkommen ganz vorne steht, die ersten zwei Absätze betreffend
die österreichische EU-Politik der Zukunft beschäftigen. Wo, glauben Sie,
liegen die Prioritäten, die prioritären Wichtigkeiten des Engagements der
österreichischen Außenpolitik innerhalb der Europäischen Union? (Abg. Dr. Gusenbauer:
In der Schutzfunktion!) – In der Schutzfunktion für Südtirol!
Damit kein Missverständnis entsteht, Herr Khol: Ich bin auch Tiroler, ich weiß, wie wichtig Südtirol für die österreichische Politik ist und war, muss aber doch sagen: Dass wir besondere Pro-