Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 7. Sitzung / Seite 97

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eine Regierung, die hundert Mal pro Tag das Wort „sparen“ in den Mund nimmt. Es scheint doch so zu sein, und das kann man ja offen sagen: Die Freiheitlichen sind bei dieser Wahl dezi­miert worden, wie es ärger nicht mehr geht. Da hat es wohl geheißen, schaffen wir eben einige zusätzliche Ämter, damit ein paar nachrücken können. – Das ist der wahre Grund. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)

Gleichzeitig kommt wieder die alte Aufpasserfunktion der Staatssekretärinnen und Staatssekre­täre, weil ja so ein „tolles Klima des Vertrauens“ herrscht. Außerdem haben Sie gegenüber dem Kabinett Schüssel I eine Senkung der Frauenquote geschafft. Begonnen hat das alte Kabinett mit einem Frauenanteil von über 30 Prozent. Damals waren fünf von sechzehn Regierungsmit­gliedern Frauen. Jetzt sind es 22 Prozent. Also: vergrößerte Regierung, vergrößerter Männeran­teil, und ein dramatisch reduzierter Anteil von Frauen in der Regierung. Und sagen Sie bitte ja nicht, dass das die Idee der Grünen oder der Opposition war! Das war Ihr ureigenstes Interesse auf Posten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Auch der Sprachgebrauch in dieser Regierungserklärung war bemerkenswert. Wir haben genau aufgepasst: Immer dann, wenn von irgendwelchen Wirtschaftsinitiativen die Rede war, hat der Herr Bundeskanzler die männliche Form verwendet, obwohl im Regierungsabkommen wieder­um das Gender Mainstreaming und die sprachliche Gleichbehandlung erwähnt werden. Das scheint für Sie eine reine Floskel zu sein, Herr Bundeskanzler. Das schreibt man eben hinein, aber verwenden tut es niemand. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)

Nein, es steht drinnen: die Gründer, die Unternehmer, und nur dort, wo es um Teilzeitarbeit, um Familienarbeit geht, wird auf einmal die weibliche Form verwendet. Das heißt, schon mit Ihrer Sprache zementieren Sie traditionelle Rollenbilder ein, wogegen wir uns ganz massiv aussprechen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nun zum Punkt Frauen und soziale Gerechtigkeit. Wir wissen, die Fraueneinkommen, die Frauenlöhne und -gehälter sind in Österreich im Verhältnis zu den Einkommen der Männer viel niedriger als sonst wo in Europa. Österreich hat diesbezüglich den letzten Platz in Europa, den 15. Platz unter 15 Staaten! Und die Tendenz ist steigend, die Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen geht weiter auf!

In der Pension ist die Situation sogar noch ärger. Dort ist nämlich die Frauenpension im Durch­schnitt nicht einmal mehr die Hälfte der Männerpension, wobei auch da kein Trend in die andere Richtung zu erkennen ist.

Und nun legen Sie eine Pensionsreform vor, basierend auf einem Gutachten, das ganz klar von den völlig traditionellen Sicherungsmechanismen – durchgehende männliche Erwerbstätigkeit einerseits und Ehe andererseits – ausgeht, obwohl Sie wissen und obwohl alle Expertinnen und Experten sagen, das wird sich ganz massiv zu Lasten der Frauen auswirken!

Sie reden hier von Sparsamkeit und sehen nicht, dass Sie die Gerechtigkeit – auch Verfas­sungsprinzipien – mit dieser Art von einseitigen Pensionsreformen verletzen.

Meine Damen und Herren! Ich stelle überhaupt – vor allem an die ÖVP-Regierungsmitglieder und an die ÖVP-Abgeordneten – die Frage: Was heißt Gerechtigkeit? – Sie gehen automatisch mit dem Regierungsabkommen und mit den Pensionsgutachten davon aus: Gerechtigkeit heißt Beitragsgerechtigkeit. Was einbezahlt wird, wird wie auf einem Kapitalsparbuch wieder ausbe­zahlt. Gerechtigkeit heißt für Sie, das Versicherungsprinzip wird gestärkt. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt einfach nicht!) – Doch, es ist so, Herr Abgeordneter!

Ich denke, Gerechtigkeit sollte heißen: Niemand muss im Alter Not leiden! Niemand muss im Alter frieren! Niemand muss bei den notwendigen Bedürfnissen Mangel leiden! (Abg. Mag. Mol­terer: Warum steht dann „Mindestpension“ drinnen? Warum steht drinnen: „Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei Frauen“?) – Darauf komme ich schon noch zu sprechen.

Herr Kollege Molterer! Sie wissen genau, dass ein paar Monate mehr Anrechnung von Kinder­erziehungszeiten an dieser generellen Ungerechtigkeit nicht wirklich etwas ändern. Denn


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